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Aufgelesen: Helden der Doppelmoral

Foto: LGheute10.11.2019 - Man reibt sich verwundert die Augen. Während in Hamburg seit Wochen über die chaotischen Zustände an der dortigen Universität im Zusammenhang mit den Blockaden und Tumulten durch Linke und Gleichgesinnte bei den Vorlesungsveranstaltungen des früheren AfD-Mitglieds Bernd Lucke berichtet wird, geht es in Lüneburg weitaus entspannter zu. Nicht, weil man in der Heide-Metropole aufgeklärter und toleranter im Umgang mit anderen Meinungen ist, sondern weil Linksradikale hier die Hörsäle gleich selbst in Besitz genommen haben. 

Unter dem Titel "Roter Oktober - Linksradikale Veranstaltungsreihe in Lüneburg" wird seit Tagen über alles diskutiert, was den ideologischen Heilsbringern schon immer am Herzen lag – oder ihnen kräftig auf den Magen schlägt. Etwa eine deutsche Nicht-Vergangenheitsbewältigung, rechte Ökologie oder prekäre Arbeitsverhältnisse an der neoliberalen Hochschule, womit die Lüneburger Uni gemeint ist. Und damit auch alles richtig einsortiert wird, gibt's tüchtig Nachhilfe. Hauptakteur: die lokale Antifa-Gruppe. Sie plaudert über ihre Ursprünge und Zukunft, klärt über ihre Rolle in der Kapitalismuskritik auf oder lädt zu einer Antifa-Soliparty ein, für wen auch immer.

Doch damit nicht genug. Weitere Polit-Enthusiasten sind mit mit eigenen Themen und Veranstaltungen, die vom 15. Oktober bis 14. November an der Uni und anderen Orten in Lüneburg stattfinden, mit an Bord. Allen gemein: Sie treten unter dem Label "Linksradikale Gruppierung" auf. Immerhin. Doch ganz so mutig, wie dieses Bekennertum im ersten Moment anmutet, ist es dann doch nicht. Denn wer sich dahinter verbirgt, wird nicht gesagt. Allerdings ist der Kreis der am linken Rand Aktiven in Lüneburg ohnehin überschaubar, auch wenn sich die Akteure – von Antifa über linke Politiker bis zur Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – je nach Zeitgeist mal in der einen, mal in der anderen Gruppierung wiederfinden. Im Kern sind es stets dieselben.

Um eines klarzustellen: Dass sie es tun, ist völlig in Ordnung, solange sie den Boden des Grundgesetzes nicht verlassen. Hier aber lohnt es, ebenso kritisch hinzuschauen wie am rechten Rand. Interessant ist daher, dass die Organisation NIKA - Nationalismus ist keine Alternative als Gastgeber oder Referent benannt worden sein soll, wie das Hochschulmagazin "Univativ" der Uni Lüneburg berichtet. Immerhin sei NIKA "bereits mehrfach in Berichten des Verfassungsschutzes des Bundes und des Landes Niedersachsen sowie in weiteren Bundesländern in Erscheinung getreten", wie es in dem Magazin weiter heißt.

Dass linksradikale Gruppierungen in Hamburg trotzdem meinen, Veranstaltungen boykottieren zu müssen, weil ihnen ein Professor nicht passt, zeugt nicht nur von fehlender demokratischer Reife, sondern ist zugleich Beleg für ein offenkundig immer noch vorhandendes Totalitarismusstreben auch vermeintlich aufgeklärter linker Parteien und Bewegungen. In dieser politischen Doppelmoral erscheint der Lüneburger "Rote Oktober" daher auch in einem ganz besonderen Licht.