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"So fördert man kein Vertrauen"

Oberbürgermeister schießen wegen hoher Theater-Verluste gegen Kulturminister Thümler

Das Theater Lüneburg kommt aus den roten Zahlen ohne Hilfe des Landes wohl nicht mehr heraus. Foto: LGheuteLüneburg, 21.10.2018 - Einen Verlust von rund 280.000 Euro wird das Lüneburger Theater am Ende seiner diesjährigen Spielzeit eingefahren haben, wieder einmal. Denn die städtische Bühne schreibt seit Jahren rote Zahlen, gut zwei Millionen Euro sind inzwischen aufgelaufen, die von der Stadt zugeschossen werden müssen. Ähnlich geht es sechs weiteren niedersächsischen Kommunen. Gemeinsam fordern sie deshalb mehr Geld aus Hannover. Heute soll eine Protestaktion ihrer Theater vor dem Landtag ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Die Oberbürgermeister nehmen schon mal den zuständigen Minister ins Visier.

Wolfgang Griesert, Oberbürgermeister von Osnabrück, sagt stellvertretend für die Runde: "Die kommunalen Bühnen müssen finanziell deutlich besser gestellt werden, um auch weiterhin ihren Teil zur kulturellen Vielfalt des Landes Niedersachsen beitragen zu können." Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge ergänzt: "Die Theater haben sich darauf verlassen, dass mehr Geld fließen wird. Ich finde, es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit von Politik, einmal getroffene Verabredungen auch einzuhalten."

Worauf die Oberbürgermeister anspielen, ist die Koalitionsvereinbarung vom November 2017. Dort heißt es: "Kommunale Theater wollen wir stärken, die Grundförderung erhöhen und die Tarifsteigerung übernehmen." Und weiter mit Blick auf die kommunalen Theater, die freien Theater und die Amateurtheater: "Wir wollen sie stärker fördern." Dieses Mehr an Förderung sei auch dringend notwendig, meinen Griesert und Mädge. Griesert sagt: "Es ist gut, dass Björn Thümler, Minister für Wissenschaft und Kultur, dafür mehr Mittel für den Landeshaushalt angemeldet hat. Das nützt uns aber nichts, wenn der Finanzminister nicht mitzieht. Dabei wäre es ein Signal, die Ungleichbehandlung der kommunalen Bühnen gegenüber den Staatstheatern ein Stück weit zu verringern."

Mädge, zugleich Präsident des Niedersächsischen Städtetags, ergänzt: "Nicht nur ich hatte erwartet, dass der Ankündigung von Herrn Thümler auch Taten folgen oder zumindest deutlich sichtbares Engagement dafür, dass auch die Umsetzung klappt. Ich kann nur sagen, ich wünsche mir mehr Kampf fürs Theater, Herr Minister, und nicht nur auf die Kommunen zu zeigen und das Kämpfen den Theatern und ihrem Publikum zu überlassen." Darüber hinaus sieht Mädge auch die Gefahr, dass die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt weiter leidet. "Man kann doch nicht die stärkere Förderung im Koalitionsvertrag vereinbaren und den Theatern und ihren Trägern avisieren, dass sechs Millionen zusätzlich kommen, und dann heißt es einfach: Pech gehabt, macht ihr mal?! So fördert man kein Vertrauen."

Oberbürgermeister Wolfgang Griesert hatte bereits im vergangenen Jahr die Initiative ergriffen und die niedersächsischen Städte mit kommunal getragenen Theatern dafür gewonnen, in einem Gutachten klären zu lassen, ob die Ungleichbehandlung von staatlichen und kommunalen Bühnen rechtskonform ist. Der ehemalige Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs, Prof. Dr. Jörn Ipsen, Institut für Kommunalrecht und Verwaltungswissenschaft der Universität Osnabrück, hält in seinem Gutachten die Ungleichbehandlung für "verfassungsrechtlich bedenklich". Dabei bezieht er sich insbesondere auf das Staatstheater Hannover. Das Gutachten unterstützt haben neben Osnabrück die Städte Celle, Göttingen, Hildesheim und Lüneburg.

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