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Solidarität gegen Bares

Lüneburger erhalten Prämie, wenn sie Wohnraum für Flüchtlinge anbieten

Ratssitzung im Kulturforum Wienebüttel. Archiv-Foto: LGheuteLüneburg, 16.09.2022 - Wenn eine grüne Oberbürgermeisterin sagt, dass sie in ihrer Stadt keine Flüchtlinge mehr aufnehmen kann, lässt das zumindest aufhorchen. So etwas hatte man bislang eher vom rechten Rand der Politik gehört. Nun war es Claudia Kalisch, die nicht mehr ganz frisch gebackene Grüne-OB'in, die sinngemäß für Lüneburg erklärte: "Das Boot ist voll". Weil das aber bei ihren Parteigenossen dann doch nicht so gut ankam, wurde jetzt kurzerhand ein Notpaket für Lüneburg geschnürt: die "Wohnraum-Offensive für Geflüchtete".

Die Idee hinter der "Wohnraum-Offensive" ist einfach: Das Modell sieht vor, dass Privatleute, die Wohnraum – etwa Einlieger-Wohnungen, Untervermietungen oder WG-Zimmer – für eine Mindestlaufzeit von neun Monaten für Flüchtlinge zur Verfügung stellen, zusätzlich zu ihrer Miete, die vom Jobcenter übernommen wird, von der Stadt einen finanziellen Bonus erhalten. Dieser beträgt einmalig je nach Dauer und Anzahl der Bewohner zwischen 1.500 und 7.500 Euro.

"Wir erhöhen damit den Anreiz für Privatleute, ungenutzten Wohnraum vorübergehend zur Verfügung zu stellen, und schaffen zugleich für die Schutzsuchenden gute Wohnbedingungen und gute Voraussetzung für eine schnelle Integration", beschreibt Claudia Kalisch das Modell, mit dem sie dem Beispiel Hannovers folgen will. "Die Wohnraum-Offensive ist einer von mehreren Bausteinen, um Notunterkünfte, wo es geht, zu vermeiden", macht Kalisch deutlich. Noch dazu lägen die Kosten für die Hansestadt bei der Wohnraumoffensive deutlich unter dem, was an finanziellen Mitteln für die Schaffung von Plätzen in Notunterkünften aufgebracht werden müsse.

◼︎ Mädge: Konzepte liegen bereit

Erst kürzlich hatte sich Lüneburgs Oberbürgermeisterin deutlich gegen weitere Flüchtlingsaufnahmen ausgesprochen. Angeblich wegen fehlender Möglichkeiten zur Unterbringung von Personen, die wieder vermehrt aus der Ukraine in den Westen flüchten und per Zuteilungsschlüssel im Land verteilt werden.

Bei Alt-Oberbürgermeister Ulrich Mädge löste dies indes Unverständnis aus. Gegenüber LGheute erklärte er: "2016 haben wir doch auch jede Menge Flüchtlinge untergebracht. Die Konzepte dafür liegen alle vor, man muss sie nur aufgreifen."

Im Rathaus entschied man nun offenbar anders und legte dem Rat der Stadt gestern die "Wohnraum-Offensive" vor, die auch als "Solidaritäts-Bonus" angepriesen wurde. Der Rat stimmte dem Vorschlag zu, allerdings nur mit knapper Mehrheit.

◼︎ "Mietpreis-Bonus statt Solidaritäts-Bonus"

Gegen den Vorschlag hatte sich unter anderem die FDP-Stadtratsfraktion ausgesprochen. Deren Vorsitzender Frank Soldan sagte im Anschluss an die Sitzung, dass damit "kein Solidaritäts-Bonus, sondern ein Mietpreis-Bonus" ausgelöst werde. Darüber hinaus bleibe offen, ob und wie viele Vermieter von dem Angebot Gebrauch machen werden. "Damit aber wird die Stadt nicht aus ihrer Pflicht entlassen, für all diejenigen Wohnraum bereitzustellen, die per Zuweisung in Kürze vor der Tür stehen", so Soldan. 

Auch die SPD konnte mit dem Paket nichts anfangen. Die Fraktion enthielt sich der Stimme, zwei ihrer Mitglieder votierten sogar dagegen.

◼︎ Die Paket-Eckpunkte

Beschlossen wurde, dass Lüneburger bereits ab Anfang Oktober Anträge für den Bonus stellen können. Voraussetzung hierfür ist unter anderem die Vorlage eines Mietvertrages. Einige Eckpunkte für den sogenannten "Solidaritäts-Bonus" lauten:

  • Die Bereitstellung von Wohnraum erfolgt auf privatrechtlicher Basis durch Mietvertrag zwischen Vermieter:in und Mieter.
  • Die für die Gewährung notwendige Mindestlaufzeit von Mietverträgen für Geflüchtete beträgt 9 Monate.
  • Geflüchtete im Sinne des Solidaritätsbonus sind Menschen, die seit dem 24. Februar 2022 aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind und darüber hinaus alle Menschen, die als Geflüchtete anerkannt sind.
  • Kommt es zu einem vorzeitigen Ende des Mietverhältnisses, sind die Vermieter verpflichtet, dies der Hansestadt Lüneburg mitzuteilen und den gewährten Bonus zurückzuerstatten.
  • Zur Vermeidung von Missbrauch ("Scheinmietverträge") wird die Hansestadt Lüneburg Stichprobenkontrollen mit eigenem Personal durchführen. Täuschungen werden strafrechtlich verfolgt.

Die Prämie kann von Vermietern voraussichtlich ab Anfang Oktober und vorerst bis zum 31. März 2023 beantragt werden. Das finanzielle Volumen des Bonus-Pakets wird auf 150.000 Euro festgesetzt.