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Keine neuen Schienen durch die Stadt

Rat stärkt Oberbürgermeisterin Kalisch bei Alpha-E den Rücken – Nur die Grünen waren dagegen  

Der Rat der Stadt bei seiner Sitzung im Gesellschaftshaus der Psychiatrischen Klinik. Foto: LGheuteLüneburg, 09.12.2022 - Bleibt Lüneburg vom weiter zunehmenden Bahnverkehr verschont oder wird die Strecke Hamburg - Uelzen schon bald zu einer vierspurigen Dauer-Rennstrecke von ICE-, Regional- und Güterzügen? Darum geht es beim seit Jahren anhaltenden Streit zwischen Befürwortern und Gegnern der Alpha-E-Variante und der damit verbundenen Ausbau der Bestandsstrecke. Weil das Thema aber immer mehr zum Politikum wird, sah sich die Stadt nun veranlasst, eine von allen Fraktionen getragene Position zu beziehen. Wegen der Grünen im Rat gelang das nur mit Abstrichen.

"Heute geht es darum, der Oberbürgermeisterin den Rücken zu stärken!" Es war SPD-Fraktionsmitglied Philipp Meyn, der sich genötigt sah, ausgerechnet die grüne Stadtratsfraktion daran zu erinnern, Rathaus-Chefin Claudia Kalisch (Grüne) bei dem von ihr vorgelegten Positionspapier zu unterstützen. Schließlich gehe es darum, dass Lüneburg in den anstehenden Entscheidungen um den künftigen Trassenverlauf mit klarer, vor allem aber einheitlicher Stimme auftritt.  

Doch die angesprochenen Grünen weigerten sich, dem Vier-Punkte-Papier zuzustimmen. Vor allem die darin geäußerten Bedenken gegen den Bestandsausbau und eine bestandsnahe Ortsumfahrung wollten sie nicht mittragen – und damit genau die Kernposition streichen, die von Stadt und Landkreis Lüneburg seit Jahren gegen Alpha-E vorgetragen wird.

Grünen-Fraktionsmitglied Pia Redenius suchte die Ablehnung ihrer Fraktion mit Umweltschutzgründen zu rechtfertigen. Weil Landschaft und Umwelt geschont werden müssten, brauche es eine "Bündelung" der Bahntrassen – sprich: den Bestandsausbau. Zudem dauere der Bau neuer Trassen zu lange, es müsse "jetzt schon" Verbesserungsmaßnahmen auf der bestehenden Strecke geben, um die Situation für die Pendler zu verbessern.

◼︎ Grüne überzeugen nicht

Bei den übrigen Fraktionen überzeugte die Grüne damit nicht. "Eine Bündelung kann nicht im Sinne der Stadt sein, und die vertreten wir", erinnerte Meyn die Grünen an ihren Mandatsauftrag. Gefordert sei eine "klare Positionierung", und die müsse überparteilich sein.

Deutlicher wurde Frank Soldan: "Eine Trasse durch die Stadt wäre eine Katastrophe". Er könne die Grünen nicht verstehen, sagte der FDP-Fraktionschef gerade auch mit Blick darauf, dass die von ihnen favorisierte bestandsnahe Umfahrung in Lüneburgs Westen durch den Grüngürtel führen würde, "genau durch das Gebiet, das Ihnen so heilig ist". Offenbar aber interessiere das nicht mehr, "jetzt geht es Ihnen um die Pendler", sagte Soldan und forderte die Fraktion auf, den Antrag zurückzuziehen.

Dass es "viel zu lange viel zu ruhig zu diesem Thema" sei, machte Eckhard Pols (CDU) deutlich. Die Nachbar-Landkreise seien längst aktiv, "es ist an der Zeit, dass auch wir uns dazu äußern". Denn: Im Sommer kommenden Jahres soll der Bundestag entscheiden, welche der insgesamt vier Varianten letztlich umgesetzt werden soll (LGheute berichtete).

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Schröder-Ehlers hielt den Grünen entgegen, die von ihnen geforderte bessere Taktung der Nah- und Fernverkehrszüge werde "so nicht möglich sein". Entlastung und damit mehr Platz für Regionalzüge bringe nur eine Neubautrasse entlang der A7.

Grünen-Fraktionschef Ulrich Blanck versuchte mit einem Angriff auf die Bahn, die eigene Position zu retten. Das Unternehmen habe mit ihren Untersuchungsergebnissen "Maximalforderungen" vorgelegt, die erkennen ließen, dass die Bahn zur A7-Variante neige. Ohnehin sei die von der Bahn angestrebte Verbesserung des Deutschland-Takts "illusorisch". Mit einem "Horror-Szenario" versuche das Unternehmen, die von ihm favorisierte Variante durchzudrücken. 

Für Dirk Neumann (AfD) war die Sache ohnehin klar: "Die A7-Lösung ist es!" Er fand es erstaunlich, dass hierüber "so lange dirkutiert wird".

◼︎ Lüneburg hinkt hinterher

Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch sah sich denn auch genötigt, den Rat zu einem gemeinsamen Handeln aufzurufen. "Es ist inzwischen zeitkritisch geworden", mahnte die Oberbürgermeisterin. Schließlich gebe es bereits "politische Vorfestlegungen" – wohl mit Blick auf die rot-grüne Landesregierung in Hannover, ohne diese beim Namen zu nennen. 

Erst nach Unterbrechung der Sitzung und Änderungen am Textentwurf fand der Rat dann doch noch zu einer gemeinsamen Positionierung, die auch Argumente der Grünen berücksichtigt. Die Punkte: 

  • Grundsätzlich anerkannt wird die Notwendigkeit einer verbesserten Schieneninfrastruktur, um so zusätzliche Kapazitäten für den Güterverkehr zu schaffen und Verbesserungen für den Personenverkehr (Fern und Nah) zu ermöglichen.
  • Dabei äußert die Hansestadt Lüneburg "erhebliche Bedenken" gegen die derzeitigen Trassenvarianten "Bestandsausbau" und "Bestandsausbau mit bestandsnahen Ortsumfahrungen".
  • Bund und Land werden aufgefordert, ein Raumordnungsverfahren einzuleiten, um "Alternativen und Ergänzungen zu prüfen".
  • "Der Rat beantragt … losgelöst von der Entscheidung einer finalen Trassenvariante … zeitnah dringend notwendige Verbesserungen an der Bestandsstrecke Uelzen-Hamburg einzuleiten", um vor allem die Situation der Pendler zu verbessern. "Er unterstützt (...) die 'Infrastruktur-Initiative' der Metronom Eisenbahngesellschaft mbH". 

Ganz so harmonisch fiel die Abstimmung letztlich dann aber doch nicht aus. Zwar gab es keine Gegenstimmen, allerdings Enthaltungen seitens der Grünen.

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar.