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Mai-Kundgebung: "Gute Arbeit für Europa"

Traditionelle Kundgebung des DGB zum 1. Mai fand heute auf dem Lamberti-Platz statt

Hansestadt, 01.05.2012 - Finanzkrise, Schuldenbremse, Jugendarbeitslosigkeit, Mindestlöhne - die Schwerpunkte der Redner bei der heutigen 1. Mai-Kundgebung in Lüneburg waren klar umrissen. Einige Hundert Zuhörer waren dem Aufruf des DGB gefolgt und am Vormittag zum Lambertiplatz gekommen. Dort sprach als Spitzenredner Bernhard Witthaut, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei.

Ohne große Umschweife nahm Witthaut in seiner rund halbstündigen Rede die Lohn- und Fiskalpolitik in Deutschland ins Visier. Länger als je zuvor müssten die Menschen heute arbeiten, ohne an den Ergebnissen ihrer Arbeit auch nur annähernd gerecht beteiligt zu werden. Das Ergebnis sei eine deutliche Zunahme psychischer Belastungen, hervorgerufen durch eine "unfaire Politik", die es zulasse, dass Arbeitnehmer immer stärker "ausgequetscht" würden. "Wir verstehen ja, dass die Vorstände in den Unternehmen viel Geld verdienen wollen, aber wir verstehen überhaupt nicht, warum Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht ebenfalls am Erfolg ihres Unternehmens teilhaben sollen", hielt Witthaut vor.

Statt einer soliden Unternehmensplanung, die auch die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtige, hätten nach wie vor Ratingagenturen und Finanzjongleure fernab der Realität das Sagen, ihre "Gier nach Macht kennt keine Grenzen", sagte Witthaut. Wohin dies aus Sicht des Gewerkschaftsvorsitzenden führe, machte er anhand von Zahlen deutlich: Jeder zweite Arbeitsplatz werde heute zeitlich befristet abgeschlossen, die Zahl der Leiharbeiter sei in den letzten Jahren um 150 Prozent gestiegen.

Zugleich kritisierte Witthaut die Politik der Bundesregierung, die mittels Schuldenbremse versuche, aus der Finanzkrise wieder heraus zu kommen. "Deutschland darf unsere Zukunft nicht kaputtsparen, und auch Europa darf es nicht". Er forderte die Politik ebenso wie die Unternehmen auf, wieder deutlich mehr in die Zukunft dieses Landes zu investieren. "Der Mensch ist das Maß der Dinge, nicht der Markt."

Die Probleme aus der gegenwärtigen Finanzkrise dürften nicht auf den Schultern der sozial Schwachen abgeladen werden. "Arbeit muss sich nicht nur wieder lohnen, sondern gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden", forderte Witthaut. Auch für Bildung und Infrastruktur müsse dringend mehr getan werden, sagte Witthaut, die dafür erforderlichen Mittel könnten aus den Vermögen der Wohlhabenden dieses Landes abgeschöpft werden.

Er rief die Bundesregierung auf, die Jugendarbeitslosigkeit wirksamer zu bekämpfen und einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro einzuführen, der eigentlich selber noch viel zu niedrig angesetzt sei. "Bei einem solchen Mindestlohn erhielte ein Arbeitnehmer, der 40 oder 45 Jahre gearbeitet hat, gerade mal eine Rente von 670 Euro monatlich", rechnete Witthaut vor.

Das Thema Leiharbeit und Jugendarbeitslosigkeit sprach auch sein Vorredner Rainer Näbsch, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Lüneburg, an. Mit Blick auf die demographische Entwicklung des Landes forderte er die Unternehmen auf, ihre Auszubildenden ohne weitere Probezeiten zu übernehmen.