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Glückliches Lüneburg

02.09.2013 - Lüneburg kann sich glücklich schätzen. Die Hansestadt wurde wie nur wenige deutsche Städte von den Angriffen alliierter Bomber im Zweiten Weltkrieg weitestgehend verschont und hat sich ihr historisches Stadtbild - trotz zahlreicher späterer Zumutungen vorwärtsstrebender Lokalpolitiker - bis heute in weiten Teilen erhalten können. Wie groß die Sehnsucht vieler Menschen nach halbwegs intakten mittelalterlichen Stadtstrukturen ist, haben die Stadtväter aber erst spät begriffen. Den - vorerst letzten - Impuls dazu geben die täglich ausgetrahlten "Roten Rosen", die Dauerwerbesendung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Hansestadt Lüneburg. Sie treibt alljährlich viele Hunderttausend Touristen in die Stadt, die sich über so viel Zuspruch bei ihren Gästen jetzt mit einer gesonderten Bettensteuer bedankt.

Wie so oft, wenn Geld regelmäßig fließt, wird die Quelle des Glücks meist sehr schnell als selbstverständlich und immerwährend fehlgedeutet. Statt also sorgsam und entgegenkommend mit seinen Gästen umzugehen, geht Lüneburg seinen Touristen lieber ans Portemonnaie. Das sei gerechtfertigt, heißt es aus dem Rat, schließlich werde eine attraktive Infrastruktur vorgehalten, die bezahlt werden müsse.

Leider haben einige im Rat mal wieder nicht verstanden, dass es nicht ein gut ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr oder etwa die zahlreichen Kitas der Stadt es sind, deretwegen die Touristen kommen. Auch nicht die neuen Radwege oder barrierefreien Fußgängerüberwege beglücken die vielen Gäste, sondern schlicht und ergreifend die alten Häuser, Straßen und Plätze dieser Stadt. Dass es diese noch gibt, verdankt die Stadt nicht zuletzt Einrichtungen wie dem ALA und dem Lüneburger Bürgerverein. Vor allem aber vielen engagierten Lüneburgern, die viel Zeit, Geld und Kraft in den Erhalt und in die Restaurierung ihrer Häuser investiert haben.

Spätestens aber, wenn mit dem Verblühen der Roten Rosen auch die belebende Werbewirkung der Telenovela für die Hansestadt nachlässt, werden die Stadtväter spüren, was es tatsächlich heißt und vor allem kostet, Touristen in die Stadt zu holen. Dann werden sie dankbar sein, wenn Hotels, Gaststätten und Einzelhandel auch mit deutlich geringeren Umsätzen als heute noch über die Runden kommen. Und diese werden es dann sein, die Programme und Maßnahmen fordern, um die Attraktivität der Stadt und die Touristenströme wieder zu erhöhen. Das kostet nicht nur Geld, sondern ebenso ein gutes Gespür für die Bedürfnisse der flüchtigen Besucher.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Der Tourist muss zahlen"