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Vermessen

26.06.2016 - Ist es Zynismus oder war es bisher einfach nur Gleichgültigkeit? Wahrscheinlich beides, denn dass die Bemühungen von Stadt und Kreis in Kooperation mit Arbeitsagentur, Jobcenter und Landesschulbehörde zur Einrichtung einer Jugendarbeitsagentur zu diesem Zeitpunkt kommen, ist kein Zufall. Die heimische Wirtschaft sucht händeringend Fachkräfte, um ihre prallgefüllten Auftragsbücher fristgerecht abarbeiten zu können. Dass nun plötzlich in konzertierter Aktion eine Anlaufstelle für Jugendliche eingerichtet wird, ist daher nachvollziehbar. Nicht aber, dass dies nicht bereits zu Zeiten erfolgte, in denen die Schulabgänger ihrerseits auf Unterstützung gehofft hatten. Ihnen nun auch noch vorzuhalten, "unnötige Schleifen" doch künftig bitte sein zu lassen, ist vermessen.

Unternehmen und Betriebe saßen viele Jahre auf hohem Ross. Anfragen von Schulabgängern nach einem Ausbildungsplatz mussten teilweise Jahre im voraus eingereicht werden, und selbst dann fielen viele Schulabgänger und Ausbildungswillige durch den Rost. Zwar wurden auch für sie Programme ins Leben gerufen, die aber konzentrierten sich in aller Regel darauf, sie aus den Arbeitslosenstatistiken zu bekommen, statt sie in Arbeit oder Ausbildung zu bringen.

Klar: Wo keine Jobs sind, können auch Arbeitsagenturen, Jobcenter und Kommunen keine schaffen. Doch statt den Schulabgängern "unnötige Schleifen" vorzuhalten, ihnen damit im Nachhinein eine Mitschuld an ihrer Arbeitslosigkeit zu geben, ist frech. Überhaupt: Wer gute Fachkräfte braucht, sollte sich rechtzeitig darum kümmern. Dass jetzt Kommunen und kommunale Einrichtungen den Job der Betriebe machen, ist ein Unding. Hier fehlt vor allem eins: Das Engagement der Wirtschaft, die doch angeblich so dringenden Bedarf hat.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Unnötige Schleifen vermeiden"