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Rinne statt Brunnen

21.05.2021 - Eine halbwegs ebenbürtige Kopie des römischen Trevi-Brunnens, aus dem "Rote Rosen"-Darstellerinnen Anita Ekberg gleich sinnestrunken dem erotischen Nass entsteigen – nein, das ist der neue Brunnen, über den Lüneburg sich jetzt freuen soll, nicht geworden. Wäre wohl auch des Guten zu viel gewesen. Konnte aber auch nicht, denn dazu fehlt es den hiesigen Akteuren nicht nur an italienischer Lebensart, sondern auch am ausreichend gefüllten Portemonnaie. So ist es am schönsten Platz Norddeutschlands eben nur zu dem geworden, was zu erwarten war, wenn Politik und Verwaltung um Sinngebung ringen: halbhohe Wasserfontänen, die aus dem Boden kommen. Man hätte sich mehr vorstellen können.

Klar, das Vorgängermodell mit der überladenen Grapengießer-Adaption der Künstlerin Doris Waschk-Balz traf den Nerv der Lüneburger nicht. So war es klug, das Projekt nach umfänglicher Diskussion ad acta zu legen. Die Brunnen-Idee dann aber quasi formbefreit wieder aus dem Ärmel zu ziehen und nun diese symbolbefreite Variante zu präsentieren, überrascht dann doch.

Übrig geblieben ist ein "Wasserspiel", das deutlich mehr verheißt als es bietet. Acht hüfthohe Bodenfontänen in Doppelreihe speien Wasser auf nackten Plattenboden mit Ablaufrinne. Dass der Platz vor dem historischen IHK-Gebäude keine monumentale Brunnenarchitektur verträgt, leuchtet ein. Deshalb aber auf jegliche Formgebung zu verzichten, und sei es ein schlichtes, rundes Becken, das auch Gelegenheit bietet, auf dessen Rand Platz zu nehmen und sich mit der Hand kühlendes Nass zuzufächern, dieser Verzicht ist bedauerlich. Und wer den Denkmalschutz anführt, sollte wissen, dass es am Sande stets Brunnen, aber keine Wasserspiele gab.

So ist es ein Zweckobjekt geworden, und das soll es laut Politik auch sein: ein klimafreundlicher Feuchtigkeitsspender mit Kühlkomponente. Dass hierbei aber das Wasser sprichwörtlich mit Füßen getreten wird und es schmutzwassergleich im Abfluss verschwindet, überrascht vor dem Hintergrund der in Lüneburg so hitzig geführten Debatte um den besonderen Wert des Wassers dann doch. 

Papst Clemens XII hingegen war sich der Bedeutung des lebensspendenden Nass' durchaus bewusst, als er 1732 den Auftrag für den Bau des Trevi-Brunnens in Rom erteilte. Entsprechend pompös ließ er den Abschluss des frühen römischen Aquädukts gestalten. Römer und Touristen danken es ihm bis heute. 

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Nun plätschert's am Sand"