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Keinen Bock auf Bäume

Die grüne Stadtverwaltung beendet eigenmächtig Baumpflanzaktion und verwickelt sich in Widersprüche

Bäume bieten Schatten, stabilisieren den Wasserhaushalt, sorgen für ein angenehmes Klima. Doch die grüne Stadtverwaltung in Lüneburg beendet eine Aktion, die genau dies fördern soll. Foto: LGheuteLüneburg, 04.11.2022 - Wer als Auftragnehmer den Auftrag bekommt "Bau einen Radweg von A nach B", sollte sich tunlichst daran halten und nicht eine Straße von C nach D bauen, weil er es für sinnvoller hält. Sinngemäß ging aber die Lüneburger Stadtverwaltung vor. Sie hat sich über einen Auftrag hinweggesetzt, den sie vom Rat der Stadt erhalten hatte. Eigenmächtig beendete sie die bei Lüneburgern äußerst beliebte Baumpflanzaktion "Lünepaten" und startete etwas, das sie für besser hielt. Doch es kam noch schlimmer, wie gestern im Rat deutlich wurde.

"Welche Flächen haben Sie denn geprüft?", wollte Andrea Schröder-Ehlers, Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion, von Lüneburgs Baudezernentin Heike Gundermann wissen. Die hatte erklärt, die Aktion "Lünepaten - Pflanz Deinen Baum" habe beendet werden müssen, weil es dafür in Lüneburg keine Flächen mehr gäbe. Deshalb habe man beschlossen, eine neue Aktion ins Leben zu rufen.

Die Aktion "Lünepaten" war im 2020 nach Beschluss des Rates gestartet worden und war eingebunden in den Klimaschutzplan der Stadt. Ziel war es, die biologische Vielfalt im Stadtgebiet durch Pflanzung neuer Bäume unter Beteiligung der Bürgerschaft zu erhalten und zu fördern und zugleich die stadtklimatischen Verhältnisse zu verbessern. Die Aktion kam bei den Lüneburgern sehr gut an, so gut, dass die Verwaltung sie nun eigenmächtig beendete.

"Wir haben die ganze Stadt durchforstet", ließ Gundermann den staunenden Rat wissen, doch freie Flächen seien nirgends auffindbar gewesen.

Das wiederum wollte Schröder-Ehlers genauer wissen und hakte nach. Doch die Baudezernentin musste passen. "Ich müsste einen Plan anfertigen", versuchte Gundermann sich aus der Affaire zu ziehen. Mit anderen Worten: Es gibt zwar keine Flächen, doch belegen können wir es hier nicht. Das überraschte insofern, als die Anfrage der SPD-Fraktion nicht spontan eingebracht wurde, sondern der Stadtverwaltung bereits am 1. September zugeleitet worden war. Ausreichend Zeit zur Vorbereitung und Begründung des eigenmächtigen Handelns der Verwaltung hatte es also gegeben.

Gundermann aber ist lange genug in der Verwaltung, um sich nicht doch noch mit einem Kniff aus der Affaire hoffen ziehen zu können. Ihr Argument: Weil das Projekt zeitlich gar nicht befristet war, konnte es auch jederzeit beendet werden. 

◼︎ Jede Menge Pflanzflächen in Ochtmissen

Doch auch das ging nach hinten los. Jens-Peter Schultz (SPD) trat als Ortsbürgermeister von Ochtmissen ans Mikrofon und erinnerte Gundermann daran, dass das Projekt auf fünf Jahre angelegt war und dafür auch ausreichend Flächen vorgesehen seien. Er selbst könne jede Menge Flächen allein in Ochtmissen benennen. "Wir sind sogar als Ort gebeten worden, Flächen zu benennen, was wir natürlich auch getan haben", teilte Schultz im Rat mit. Eine Reaktion der Stadt darauf aber habe es nicht gegeben.

Auch eine Entscheidung gab es an dem Abend nicht, da dieser Punkt lediglich als Anfrage der SPD auf der Tagesordnung stand. Ob diese Selbstherrlichkeitsaktion der Stadtverwaltung ein Nachspiel hat, ist derzeit allerdings offen. Hier wäre aber nicht nur die SPD gefordert.

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