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Ein Rauswurf und seine kuriosen Folgen

Die Grünen dürfen dem danken, den sie gerade rausgeworfen haben, tun sich bei der Nachbesetzung aber schwer

Hält noch die Zügel in der Grünen Stadtratsfraktion in der Hand: Ulrich Blanck. Ein Foto vom März 2021. Foto: LGheuteLüneburg, 25.01.2024 - Schon wieder ein Rauswurf? Die Frage poppt inzwischen ja unwillkürlich auf, wenn bei den Grünen mal wieder ein Wechsel in ihrer Fraktion ansteht. Ganz so krass kommt es am 1. Februar, wenn der Rat der Stadt zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommt, nicht. Dieses Mal verlässt eine Grüne freiwillig die Fraktion. Das war kürzlich noch anders, nachdem Wolf von Nordheim zu viele kritische Fragen gestellt hatte und die Fraktion ihn daraufhin vor die Tür setzte. Pikant: Mit seinem Abschied sichert er der Fraktion, die ihn rauswarf, nun eine wichtige Stimme im Rat. Eine glorreiche Verabschiedung wird es wohl trotzdem nicht geben.

Er habe es sich überlegt, aber er werde wohl nicht zur Ratssitzung kommen, teilte Wolf von Nordheim gegenüber LGheute mit. Er hatte sein Ratsmandat kürzlich mit sofortiger Wirkung niedergelegt, am 1. Februar nun wird dies in der Ratssitzung wie üblich protokollarisch korrekt festgehalten.

Zur Erinnerung: Wolf von Nordheim musste die Fraktion verlassen, weil er die Vorkommnisse um die denkmalgeschützte Villa Heyn kritisch hinterfagte und dadurch auch Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) mächtig in die Bredouille brachte. Sein Versuch, sich gerichtlich wieder in die Fraktion zurückzuklagen, schlug allerdings fehl. Damit aber sah sich von Nordheim nach eigenen Angaben in der politisch nahezu wirkungslosen Situation eines fraktionslosen Ratsmitglieds. Dies, und weil er seine Aufklärungsarbeit um die Villa Heyn im Rahmen seiner Möglichkeiten nicht weiter voranbringen könne, wie er sagte, veranlasste ihn, sein Mandat zum 15. Januar niederzulegen (LGheute berichtete).

◼︎ Ratsmehrheit war gefährdet

Der Grünen Stadtratsfraktion dürfte damit ein Stein vom Herzen gefallen sein. Denn nach dem Rauswurf von Nordheims hatte sie nicht nur ein nerviges Fraktionsmitglied weniger, es schrumpfte auch ihre zahlenmäßige Mehrheit im Rat der Stadt und damit auch in den Ausschüssen und im wichtigen Verwaltungsausschuss, wo die Grünen zusammen mit der Oberbürgermeisterin die Mehrheit halten. Zwar versichert die Stadtverwaltung, der Rauswurf von Nordheims habe mit Ausnahme eines Sitzes im Beirat von E.on-Avacon zu keinen Veränderungen geführt, doch die Befürchtung und Sorge bei den Grünen um den Verlust ihrer Mehrheit in den entscheidenden Gremien der Stadt war groß, wie LGheute vorliegende Dokumente nahelegen.

Mit seinem Nichterscheinen am 1. Februar wird der fraktionslose, aber immer noch Grüne Ratsherr vor allem einer Person einen großen Gefallen tun: Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch. Denn sie müsste, so gebietet es ihr Amt, Wolf von Nordheim mit den bei solchen Anlässen üblichen lobenden Worten für dessen Arbeit im Rat der Stadt danken und verabschieden. 

Dazu wird es nun wohl nicht kommen, Wolf von Nordheim wird sich und Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch diese peinliche Situation vor versammeltem Rat und der Öffentlichkeit ersparen. Offen aber bleibt, ob dies aus Rücksichtnahme der Oberbürgermeisterin gegenüber oder doch aus politischem Kalkül erfolgt. Denn von Nordheim will nicht nur Grüner bleiben, er will auch im Kreistag weiter mitmischen. Dort ist er auf das Wohlwollen seiner Parteifreunde angewiesen. Eine Gefährdung seines Platzes in der Fraktion wird er durch unliebsame Auftritte daher tunlichst vermeiden wollen.

◼︎ Bei den Grünen müssen wieder die Alten ran

Nachfolger für Wolf von Nordheim im Rat wird Friedhelm Feldhaus, wie erst heute offiziell bekanntgegeben wurde. Der langjährige Grüne und zeitweiliges Mitglied im Lüneburger Ortsvorstand der Grünen, von dem in letzter Zeit aber nicht mehr viel zu hören war, wird damit den verlorengegangenen Platz in der Grünen-Fraktion neu besetzen und damit die Mehrheitsverhältnisse im Rat wieder stabilisieren. 

Die Grünen scheinen sich bei ihrer Suche nach einem Ersatz für von Nordheim aber schwerer zu tun als nach außen erscheint. Denn vor Friedhelm Feldhaus hätten mit Matthias Wiebe, Ernst Bögershausen und Liliane Köppl drei andere Grüne Anrecht auf den Einzug in den Rat gehabt, sie hatten vordere Plätze auf der Liste bei der letzten Kommunalwahl. Doch offenbar wollten oder sollten sie nicht.

Der zweite Weggang bei den Grünen am 1. Februar heißt Mareike Brauner. Sie war erst im November 2021 für die Grünen in den Rat eingezogen, verlässt ihn aber aus eigenen Stücken. Für sie wird Jörn-Christian Manzke nachrücken, der bereits von 2019 bis 2021 für die Grünen im Rat saß, auf der Kommunalwahl-Liste 2021 aber jüngeren Frauen Platz machen musste. Und eigentlich wäre anstatt seiner auch Lotta Löwe (22), Studentin der Umweltwissenschaften, an der Reihe gewesen, die anscheinend aber doch keine Lust mehr auf ein Mandat hat.

Dass mit Feldhaus (60) und Manzke (61) gleich zwei Männer nachrücken, noch dazu ältere, dürfte zumindest bei den Grünen Diskussionen aufkommen lassen. Externe fragen sich eher, ob das Reservoir junger Grüner Frauen bereits erschöpft ist oder diese doch lieber anderen das Feld überlassen, wenn mühsame und zeitraubende Ratsarbeit droht.

Immerhin: Als Grüne Quotenretterin darf sich Corinna Dartenne (55) sehen. Sie folgte im August letzten Jahres Sebastian Balmaceda (56), der sich nach kurzer Ratsmitgliedschaft einen lukrativen Job im Grünen Rathaus sicherte (LGheute berichtete).