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Auf dem Abstellgleis

18.09.2022 - Aufgabe der Politik ist es, die Weichen für die Zukunft zu stellen. So jedenfalls wollen es die Plakat-Botschaften der Parteien und ihrer Kandidaten glauben machen, die bei der Niedersachsen-Wahl am 9. Oktober angetreten sind. Einer aber scheint das aus dem Blick verloren zu haben: Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Althusmann. Beim Thema Bahnverkehr der Zukunft setzt der Spitzenkandidat der CDU offenbar lieber aufs persönliche Fortkommen als auf ein wirtschaftlich sinnvolles Infrastrukturprojekt. 

Althusmann machte aus seiner Vorliebe für die schlechteste aller vorliegenden Trassen-Varianten keinen Hehl. Mit übergestülpter gelber Weste gesellte sich der Wirtschafts- und Verkehrsminister Mitte der Woche in Celle an die Seite der "Alpha-E"-Befürworter, die aus nachvollziehbaren, aber eben auch egoistischen Motiven den Bau einer Neubautrasse zwischen Hamburg, Bremen und Hannover ablehnen: Bürgermeister und Bürgerinitiativen, die zwar gern für mehr Verkehr auf der Schiene eintreten, aber bitte nicht vor ihrer Haustür. 

Als Heiligenthaler und langjähriger Kommunalpolitiker ist Althusmann im Landkreis Lüneburg kein Unbekannter. Dass er deshalb nun als Minister in Hannover nicht automatisch Partei für seinen Wohnort ergreift, spricht grundsätzlich für ihn. Schließlich gilt es auch gerade bei politischen Entscheidungen, alle Argumente abzuwägen. 

Genau das aber macht Althusmann nicht. Er favorisiert nach wie vor einen mehrheitlich getroffenen Vorschlag aus dem "Dialogforum Schiene Nord", der den Anforderungen an einen zukunftsfähigen Bahnverkehr nachweislich nicht gerecht wird. Zwar dämmert dies auch Althusmann – er spricht von der "teuren, aber perspektivisch wirtschaftlichen Neubaulösung" –, doch hält ihn dies nicht davon ab, sich als Wirtschafts- und Verkehrsminister für ein untaugliches Infrastrukturprojekt einzusetzen. 

Das lässt nur einen Schluss zu: Er will es sich nicht mit denen verscherzen, auf deren Stimmen er mit angewiesen sein wird, um Ministerpräsident Stephan Weil am 9. Oktober aus dem Amt jagen zu können. Da passt es gut, dass Althusmann als Direktkandidat nicht im Landkreis Lüneburg antritt, sondern bei den Nachbarn in Harburg. Dort fordert man weiter den Bestandsausbau. Ob dieser nach der Wahl überhaupt noch Thema sein wird, dürfte mit jedem Tag unwahrscheinlicher werden.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Alpha-E vor dem Aus"