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Landwehr 2.0

03.04.2023 - Wenn es um die reine Lehre ginge, wäre eigentlich alles klar: Wer das bessere Angebot hat, macht das Geschäft. Doch ganz so rein wollen es einige dann doch lieber nicht haben, vor allem diejenigen nicht, die sonst so gern den freien Handel propagieren: Die Erweiterungspläne für die Verkaufsflächen von Roy Robson in Lüneburg stoßen bei alteingesessenen Händlern auf heftigen Widerstand. Und: Sie reagieren mit Methoden aus dem Mittelalter – Methoden, die Lüneburg immerhin zu beachtlichem Reichtum verholfen haben.   

Freier Handel und Warenverkehr waren den Lüneburgern schon immer ein Dorn im Auge – jedenfalls dann, wenn die Stadt meinte, nicht davon profitieren zu können. Um bei etwaigen Geschäften nicht ins Hintertreffen zu geraten, wurde 1392 das Stapelrecht erlassen, das jeden Kaufmann auf seiner Durchreise zwang, seine Waren zunächst in Lüneburg anzubieten.

Den Vorteil hatten die Lüneburger Händler, die günstig kauften und teuer verkauften. Und damit ihnen auch möglichst keiner der durchziehenden Händler durch die Lappen ging, wurde weiträumig um die Stadt die Landwehr errichtet, ein für Fuhrwerke mehr oder weniger unüberwindlicher Wall, der nur einen Weg offen ließ: den durch Lüneburg, wo das Stapelrecht wartete.

Nichts anderes als dieses Stapelrecht fordern die Lüneburger Einzelhändler auch in diesen Tagen. Denn auch sie postulieren das Verbot des freien Warenhandels, sofern dabei die eigenen Interessen gefährdet zu sein drohen.

Doch anders als 1392 gibt es heute kein Stapelrecht mehr, und auch die Landwehr hat spätestens mit der Ostumgehung und der A39 ihren Schrecken verloren. Gewiss, der Lüneburger Einzelhandel ist jetzt erneut dem Störfeuer durch das Designer Outlet Center in Soltau oder den Fabrik-Verkauf von Roy Robson in Lüneburg ausgesetzt. Insofern wäre es daher ratsam, über eine zeitgemäße Form der Landwehr nachzudenken. Denn ohne diese hätte Lüneburg sicher nicht über Jahrhunderte den Reichtum anhäufen können, von dem die Stadt noch heute profitiert.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Zoff um Roy-Robson-Pläne soll friedlich beigelegt werden"