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Wo blieb der Protest?

01.05.2020 - Die Kirche ist nicht der Staat und der Staat ist nicht die Kirche. Das gilt spätestens seit der Weimarer Reichsverfassung. Auch im Grundgesetz ist die Trennung von Kirche und Staat verankert. Darin ist aber auch geregelt, dass die Kirchen aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und bei aktuellen Fragen ihre Position, sei es in Ethik-Kommissionen oder im Rundfunkrat öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten, vertreten. Ihre Meinung ist auch gefragt bei Anhörungen in den Ausschüssen des Bundestages. Warum sich die Kirchen aber ausgerechnet in einer für sie besonders herausgehobenen Frage, nämlich der Zulässigkeit des Verbots von Gottesdiensten, nicht zu Wort gemeldet haben, gibt zu denken.

Es war ein muslimischer Glaubensverein, der sich der Entscheidung der Landesregierung, die wegen der Corona-Pandemie ein generelles Gottesdienstverbot per Verordnung erlassen hatte, nicht beugen wollte. Wenn Verkaufsstellen und Ladengeschäfte geöffnet sein dürfen, so sein Argument, müsste dies auch für Gottesdienste gelten. Zwar scheiterte der Verein mit einer Klage vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, den Kampf für sein elementares Glaubensrecht, die Durchführung von Gottesdiensten, gab er dennoch nicht auf – und bekam nun vor dem Bundesverfassungsgericht zumindest in Teilen Recht.

Und die Kirchen? Von ihnen war bislang kein Protest gegen das Gottesdienstverbot zu hören. Kritiklos nahmen die Vertreter der beiden großen deutschen christlichen Kirchen hin, dass selbst an Ostern, dem höchsten christlichen Fest, die Gläubigen nicht zum gemeinsamen Gottesdienst in die Kirchen kommen durften. Stattdessen arrangierte man sich im Entwerfen und Praktizieren von Alternativen, die nie eine wirkliche Alternative sein konnten.

Warum die Kirchen stumm blieben und sich bedingungslos den Vorgaben des Staates unterwarfen, wird sicher eine Frage sein, die von den Kirchen in nächster Zeit zu beantworten sein wird. Es wäre nicht nur für die Gläubigen wichtig, wenn die Kirchenvertreter dann vielleicht etwas mehr Staatsferne demonstrieren würden.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Generelles Gottesdiensverbot nicht zulässig"