15.05.2021 - Dass der eine Ort liebreizender ist, der andere weniger, hat seinen Grund häufig in der Ausstrahlung seiner Gebäude. Der Charme geht dabei eher von älteren als von modernen Bauten aus, Lüneburg ist dafür ein bekanntes Beispiel. Aber auch Oedeme hat solche Schätze, zumindest in seinem Dorfkern. Für viele mit ein Grund, sich hier niederzulassen. Leider nur musste eines dieser Schmuckstücke, die bei vielen beliebte "Reiterbar", jetzt weichen, um Platz für Neues zu machen.
Nicht zeitgemäß, nicht funktionell, fehlender Brandschutz, hoher Energiebedarf – die Liste an Gründen für den Abriss des schmucken alten Gebäudes, das jahrzehntelang mit zum liebreizenden Gesicht Oedemes gehörte, kann sicher noch erweitert werden. Klar, viele Dinge, die man sich wünscht, ließen sich mit der "Reiterbar" kaum oder nur mit hohem Aufwand umsetzen. Die Frage ist nur: Wäre der Aufwand nicht vielleicht sogar gerechtfertigt gewesen?
Denn mit denselben Argumenten könnten viele, heute zum Glück noch erhaltene Bauten in Lüneburgs Innenstadt abgerissen werden. Dass es mal Pläne gab, die westliche Altstadt dem Boden gleichzumachen, zeigt, dass es an der Weitsicht mancher Politiker und Stadtplaner mitunter fehlt.
In Oedeme hat man sich für einen Neubau entschieden. Zu groß war da wohl auch der Druck, es allen gesellschaftlichen und politischen Gruppen recht zu machen, denn alle wollen sich in dem Neuen wiederfinden. Dass es dabei aber noch nicht einmal reichte, die charakteristische Fassade der alten "Reiterbar" zu erhalten, ist bedauerlich, wenn nicht ärgerlich. Dafür aber soll die Architektur des Neubaus an das "typische Niedersachsenhaus" angelehnt werden, wie die Bauherren versichern. Aber hätte man es dann nicht besser gleich so lassen können?
Der Hang zum Abreißen alter Gebäude ist bei vielen offenbar weiterhin größer als das Verstehen um den Wert von Häusern und Gebäuden, die Orten nicht nur ein Gesicht, sondern ihren Bewohnern auch ein Gefühl vertrauter Tradition und Identität vermittelt. In Oedeme wurde diese Chance leider vertan.
Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Funktionshaus statt "Reiterbar""