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Populistischer Streit ums Wasser

29.08.2021 - Wer schon einmal längere Zeit in der Abfertigungshalle eines Flughafens warten oder Stunden in brütender Hitze auf der Autobahn verbringen musste, weiß um die erlösende Wirkung natürlichen Mineralwassers. Dass die Durstlöscher gerade an diesen Orten nicht zum Null-Tarif zu haben sind, liegt in der Natur des Marktes. Dies, aber auch andere Facetten in der Diskussion um die Zulässigkeit der Produktion von Mineralwasser, wie sie zur Zeit in Lüneburg geführt wird, wird aber regelmäßig ignoriert. Es reicht offenbar, als kleine Bürgerinitiative den großen Goliath-Traum träumen zu können.

Seit Monaten wird in Lüneburg ein Kampf gegen den "Vio"-Produzenten Coca-Cola geführt, ein Kampf, der bisweilen bizarre Züge aufweist. So wird das Unternehmen, das nahe Vögelsen einen dritten Brunnen in Betrieb nehmen will, weil dessen Produkt auf dem Markt gut angenommen wird, für den drohenden Verlust des Lüneburger Trinkwassers an den Pranger gestellt. Und die lokale und überregionale Presse macht munter mit. 

Dass Coca-Cola lediglich einer unter vielen Grundwasserförderern in der Region ist und als industrieller Abnehmer noch nicht einmal der größte, interessiert die Kritiker, wenn überhaupt, nur am Rande. Dabei wissen die Akteure längst, dass die Gesetzeslage eine Ausbeutung des Grundwassers zu Lasten der Allgemeinheit gar nicht zulässt. Darauf hat der Landkreis als Genehmigungsbehörde bereits mehrfach hingewiesen – vergebens, wie die jüngste Demo in Lüneburg gezeigt hat.

Dass einige der Oberbürgermeister-Kandidaten sich zudem von der Bürgerinitiative vor deren Karren spannen lassen und vor populistischen Ankündigungen nicht zurückschrecken, macht deutlich, worauf Lüneburg sich einstellen kann, sollten diese ins Amt kommen. 

Es wäre hilfreich, wenn endlich mehr Substanz in die Diskussion ums Lüneburger Wasser sickern würde. Dass darüber nachgedacht wird, wie die Wasserhaushalte künftig gemanagt werden sollen, um verlässliche Aussagen auch für die nächsten Jahrzehnte abgeben zu können, ist gleichwohl richtig. Jetzt aber Einzelne an den Pranger zu stellen, die Wasser an Durstige verkaufen, die gerade mal nicht den heimischen Wasserhahn aufdrehen können, ist mehr als populistisch – vor allem von denen, die das kostbare Nass zum Spülen ihrer Toiletten benutzen.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Mit Regenschirmen gegen Coca-Cola"