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"Verheerend und hoffentlich unzutreffend"

Kritik und Unverständnis für die Bereitschaft der Grünen, die Planungen für die A39 fortzusetzen

Lüneburg, 07.02.2013 - Die jetzt bekannt gewordene Einigung bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen in Hannover zur Fortsetzung der Planungen für die Bundesautobahn 39 hat zu deutlicher Kritik bei den Lüneburger Grünen geführt. Andreas Meihsies und Ernst Bögershausen sprechen von "politischem Verrat an der Sache" und dem Verlust an "grüner Glaubwürdigkeit". Aber auch Umweltverbände äußerten sich heute irritiert bis kritisch zu den neuen Verhandlungsergebnissen der angehenden Koalitionspartner in Hannover.

"Ein Kompromiss, der keiner ist", befinden Andreas Meihsies und Ernst Bögershausen zu dem Schritt, den SPD und Grüne jetzt in Hannover gegangen sind. Medienberichten zufolge haben sich die Koalitionspartner darauf verständigt, die Planungen für den Bau der A39 fortzusetzen, allerdings mit gedrosselter Kraft. Stephan Weil (SPD), designierter Ministerpräsident von Niedersachsen, gab gestern bekannt, dass der Bau der umstrittenen Autobahn zwischen Lüneburg und Wolfsburg nicht an Niedersachsen scheitern werde. In Sachen A39 sieht er die Entscheidungshoheit beim Bund.

Für die Grünen war die A39 eines der Zentralthemen des vergangenen Landtagswahlkampfs in Niedersachsen. Mit deutlichen Worten hatten sie sich stets gegen den Bau des Autobahnprojekts ausgesprochen und dabei insbesondere die Unwirtschaftlichkeit dieses Projekts hervorgehoben.

|| "Durch den Kakao gezogen" ||

Die politischen Weggenossen in Lüneburg sehen in diesem Schritt jetzt den Verlust "grüner Glaubwürdigkeit" und fühlen sich an frühere Zeiten erinnert: "Der Grundstein für diesen politischen Verrat an der Sache in unserer Region wurde bereits im Frühjahr 2011 gelegt." Damals hatte die grüne Kreistagsfraktion dem Regionalen Raumordnungsprogramm und damit der A39 zugestimmt. "Die Fortsetzung dieses Trauerspiels erleben wir jetzt auf Landesebene." Die Kritik der grünen Politiker in Lüneburg mündete heute in dem Appell: "Leute, trinkt nicht auch noch den Kakao, durch den ihr gezogen werden sollt."

Für Detlev Schulz-Hendel, Direktkandidat der Grünen für den Wahlkreis Lüneburg, ist die Kritik aus Lüneburg "völlig an der Sache vorbei". Zwar sei auch er gegen die A39 und findet das, was jetzt in Hannover offenbar beschlossen worden ist, "erstmal nicht schön", aber vor einem endgültigen Urteil will er erstmal den ganzen Text der Koalitionsaussage kennen. "Man muss das, was zur Verkehrspolitik insgesamt verabschiedet wird, betrachten, nicht nur einzelne Aspekte", sagt Schulz-Hendel, der hofft, dass sich damit ein für die Niedersachsen-Grünen noch stimmiges Gesamtbild ergibt.

|| Enttäuschung und Beunruhigung bei den Umweltverbänden ||

Von "beunruhigenden ersten Medienberichten" spricht auch der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen (LBU). Für ihn ist der Eindruck, dass die Grünen den Neubauplänen für die A39 zugestimmt haben, "verheerend und hoffentlich unzutreffend". Der LBU fordert die Grünen daher auf, den genauen Wortlaut der Verhandlungsergebnisse bekannt zu machen. "Erst bei Kenntnis der vollständigen Verhandlungs-Ergebnisse könne man beurteilen, ob Weils Interpretation zutreffend sei, dass A20 und A39 'an Niedersachsen nicht scheitern" würden", sagte dazu LBU-Sprecher Eckehard Niemann.

Auch der Dachverband "Keine A39" zeigt sich enttäuscht von dem Verhandlungsergebnis und spricht von einem faulen Kompromiss. "Leider haben die Koalitionspartner auf halben Weg Angst vor der eigenen Courage bekommen", sagt Dachverbands-Sprecherin Annette Niemann. Sie bemängelt das taktische Spiel der SPD, die zugleich an der A-39-Planung festhalte, die Planungsmittel dafür aber kürze und die Entscheidung, was bei nun knapperen Mitteln noch verwirklicht werden könne, dem Bundesverkehrsministerium zuschiebe. "Es ist ein Armutszeugnis, dass sich die Grünen darauf einlassen", so Annette Niemann. Zugleich mahnt sie: "Es reicht nicht, auf die Geldknappheit der Bundesregierung zu hoffen."