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Wenn Impfen zur Nervenprobe wird

Über die Erfahrungen eines impfwilligen Dahlenburgers, die Nöte des Landratsamts und ein neues Impfzentrum

Verzweifelt stehen Impfwillige vor diesem Hinweis einer Dahlenburger Hausarztpraxis. Denn auch in Lüneburg sind die Impfmöglichkeiten stark beschränkt. Foto: privatLüneburg, 05.12.2021 - Der Ansturm ist da: Seit landesweit 2G-plus gilt, wollen viele Impfwillige sich den ersten, zweiten oder inzwischen auch dritten Pieks gegen das Coronavirus verpassen lassen. Das Problem: Es kommen offenbar zu viele, jedenfalls mehr, als Politik und Behörden erwartet hatten. Denn der Druck, der sich in langen Warteschlangen vor Impfstationen zeigt, kann meist nur unzureichend aufgefangen werden, wie vielfach zu beobachten ist. Am fehlenden Engagement des Landkreises scheint es nicht zu liegen. 

"Jede Impfung zählt, jetzt mehr denn je. Nur gemeinsam werden wir es schaffen, die regionale Wirtschaft zu stützen." Diesen Appell richtete jüngst der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lüneburg-Wolfsburg, Michael Zeinert, an die Bewohner der Landkreises Lüneburg und kam damit auch einer Bitte des Landkreises nach. Denn der sah sich genötigt, eine Alternative für die Impfbude am Marienplatz zu finden, wo sich tagein, tagaus lange Warteschlangen bildeten – nicht gut in einer Jahreszeit, in der Wind, Kälte und Nässe an der Gesundheit zehren. Die IHK bot daraufhin ihre Seminarräume in der Heiligengeiststraße als Impfstation an.

◼︎ Lange Schlangen und kurze Öffnungszeiten

Das Beispiel eines Dahlenburgers, der seinen Namen nicht genannt wissen möchte, offenbart das tägliche Dilemma. Der 70-Jährige war bereit, sich im November die Booster-Impfung abzuholen und fuhr hierzu nach Lüneburg. Nachdem er vergebens den Marienplatz aufgesucht hatte  – "Heute keine Impfung" –, fuhr er zum Technologiezentrum an der Dahlenburger Landstraße. Dort, es war 13 Uhr, wurde ihm signalisiert, dass aufgrund der etwa 20 Meter langen Warteschlange und des bevorstehenden Feierabends um 14 Uhr keine weiteren Impfungen mehr vorgenommen werden.

Der Dahlenburger steuerte daraufhin das Gemeindehaus der Paul-Gerhardt-Gemeinde in der Bunsenstraße an. Dort erwartete ihn eine etwa 60 Meter lange Warteschlange vor dem Gebäude, woraufhin er wegen der vermuteten Wartezeit von ein bis zwei Stunden in der herbstlichen Witterung und seiner ohnehin schon vorhandenen Erkältung sein Vorhaben abbrach.

Wenig zufriedenstellend empfand der Impfbereite auch das Verhalten einer Hausarztpraxis in Dahlenburg. Dort blockte die Praxis Impfanfragen gleich am Eingang mit dem Hinweis ab, Impfwillige mögen sich wegen der hohen Nachfrage an das mobile Impfteam in Lüneburg wenden. "Das habe ich dann ja auch getan, doch das Ergebnis war sehr ernüchternd", sagt der Dahlenburger.

◼︎ Neues Termivergabesystem soll Abhilfe bringen

Eine Anfrage beim Landkreis Lüneburg, wie eine solche Situation denn vermieden werden könne, bringt nur wenig Erfolg, zeigt aber, wo das Problem liegt. So erklärt die Pressestelle, dass neben den bereits vorhandenen Impfstationen IHK, Universität, Kredo und Technologiezentrum parallel an einem Terminvergabesystem gearbeitet werde, "um den Menschen mehr Planungssicherheit zu geben und die Wartezeiten zu verkürzen", so Pressesprecherin Katrin Holzmann. Klar sei aber auch: Beim Boostern seien auch die Arztpraxen wieder gefragt – die sich inzwischen aber ebenfalls überlastet sehen, wie das Praxisschild verdeutlicht.

Aufschlussreich ist auch der Hinweis des Landkreises auf die Vorgaben zum Einsatz mobiler Impfteams. "Wie viele Mobile Impfteams eingesetzt werden dürfen und für welche Aufgaben, wird vom Land festgelegt", so Holzmann. Im Landkreis seien inzwischen fünf Teams unterwegs. "Damit schöpfen wir die Möglichkeiten, die das Land uns bietet, voll aus." Rund 500 Impfungen können damit derzeit pro Tag vorgenommen werden.

◼︎ Standort für neues Impfzentrum gesucht

Und noch eines macht nachdenklich: Eine Wiedereröffnung eines Impfzentrums im Landkreis Lüneburg ist laut Kreisverwaltung trotz der dringenden Appelle seitens der Politik derzeit noch kein Thema. Holzmann: "Einen Auftrag des Bundes gibt es dafür aktuell nicht. Wir schärfen aber die Organisation unserer mobilen Impfaktionen stetig nach und sind auch auf der Suche nach festen Standorten ab Anfang 2022."