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Getrübte Stimmung in der Wirtschaft

IHK fordert von neuer Bundesregierung Auflösung des Reformstaus

Wirtschaftslage und Wirtschaftserwartungen gehen bei den Unternehmen aktuell auseinander. Grafik: IHKLWLüneburg, 17.10.2021 - Was Wirtschaftsgutachter für den Bund bereits berichtet haben, wird nun auch regional bestätigt: Der konjunkturelle Aufholprozess ist zum Herbstbeginn ins Stocken geraten. Das verdeutlicht der Konjunkturbericht für Nordostniedersachsen der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das dritte Quartal 2021. Der Konjunkturklimaindikator, der als Stimmungswert sowohl die Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen der Unternehmen abbildet, legt lediglich um einen Punkt auf 102 Punkte zu.

"Zwar hat sich das Konsumklima mit dem Fortschritt beim Impfen zusehends normalisiert, die verbliebenen Infektionsschutzmaßnahmen und Lieferengpässe bei Vorprodukten machen der regionalen Wirtschaft aber weiterhin zu schaffen", kommentiert IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert die Ergebnisse. "Aktuell gehen wir davon aus, dass erst im kommenden Frühjahr das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird."

Nach dem coronabedingten Totalabsturz im Frühjahr 2020 hatte der Indikator im Jahresverlauf zunächst zulegen können, diese Aufwärtsentwicklung ist nun abgeebbt, so Zeinert. Der verschärfte Fachkräftemangel, die Unterbrechung von internationalen Lieferketten sowie Engpässe bei Frachtkapazitäten im Seeverkehr und die damit verbundenen Kostensteigerungen bei der regionalen Wirtschaft drückten auf die Stimmung. Das wirke sich vor allem in der Industrie aus: Die Branche verzeichnet einen Rückgang um sechs Punkte und fällt auf einen Indikatorstand von 91 Punkte.

Besser sieht es in den Bereichen Dienstleistungssektor, Großhandel und Einzelhandel aus. An der Spitze des Konjunkturzugs steht aktuell die Dienstleistungswirtschaft, die im Vergleich zum Vorquartal mit einem bemerkenswerten Sprung um 29 Punkte zugelegt hat und jetzt einen Konjunkturklimaindikator von 121 erreicht. Für den Großhandel wird im Herbst ein Wert von 109 registriert, drei Punkte mehr als im zweiten Quartal 2021. Und der Einzelhandel, der infolge der angeordneten Corona-Schutzmaßnahmen ein besonders tiefes Tal zu durchwandern hatte, verharrt unverändert bei einem Stand von 102 Punkten.

◼︎ Skeptischer Blick auf künftige Entwicklung

Branchenübergreifend bewertet die regionale Wirtschaft die Geschäftslage besser als im Vorquartal. 27 Prozent der befragten Betriebe bewerten ihre Geschäftslage als gut, 60 Prozent sehen sie zumindest als befriedigend an und nur 13 Prozent als schlecht. Allerdings zeigen sich die Unternehmen mit Blick auf die zukünftige Geschäftsentwicklung skeptisch. Während die Prognosen im Vorquartal noch sehr zuversichtlich ausgefallen waren, befürchtet aktuell gut ein Viertel der Befragten eine Eintrübung ihres Geschäftsverlaufs in den kommenden Monaten. Weitere 58 Prozent erwarten eine unveränderte Situation und nur 16 Prozent gehen von einer Verbesserung der Geschäftslage aus.

◼︎ Warnung vor "unerfüllbaren Zielvorgaben"

Für Verunsicherung sorgt nach Einschätzung von IHK-Chef Zeinert auch die zum Umfragezeitpunkt noch ungewisse politische Konstellation nach der Bundestagswahl. "Wer auch immer künftig im Bund regiert, darf die Unternehmen nicht mit unerfüllbaren Zielvorgaben überfordern. Stattdessen braucht es Augenmaß, damit die Betriebe in Digitalisierung, klimafreundliche Produktionsanlagen und innovative Technologien investieren können", sagt Zeinert.

Aufgabe der neuen Bundesregierung sei es, für ein gutes Investitionsklima zu sorgen und den Reformstau aufzulösen, der während der Corona-Pandemie offenkundig geworden sei. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, brauche Deutschland zudem eine reibungslos funktionierende Infrastruktur. "Wir erwarten auch in den nächsten Jahren bedarfsgerechte Investitionen in unsere Bundesfernstraßen und eine spürbare Planungsbeschleunigung für Neu- und Ausbauprojekte."

Für die Konjunkturumfrage Nordostniedersachsen haben im September und Oktober 200 Betriebe aus den Landkreisen Harburg, Heidekreis, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Celle ihre aktuelle und künftige Wirtschaftslage eingeschätzt. Zusätzlich bieten die IHKLW und die IHK Braunschweig einen Konjunkturbericht für den Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg an. Beide Berichte mit weiteren Daten, Grafiken und Erläuterungen sind zu finden unter www.ihk-lueneburg.de/konjunktur