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Die faszinierende Welt der Künstlerpuppen im Glockenhaus

Hansestadt, 10.09.2011 - Rund 40 der bedeutendsten Puppenkünstler aus dem mitteleuropäischen Raum präsentieren und verkaufen noch bis morgen im Lüneburger Glockenhaus ihre kunstvollen Werke. Von der klassischen Kinderpuppe über Märchenpuppen bis zu Gnomen und Fantasiefiguren erhalten die Besucher einen Einblick in die faszinierende Welt der Künstlerpuppen.

Organisiert wurde die Ausstellung vom Verband europäischer Puppenkünstler (VeP) aus Coburg. Deren Präsident Karl Rademann freut sich, mit der Ausstellung erstmals in Lüneburg zu sein: "Die Anregung dazu kam von Mitgliedern, aber ich habe mich sofort in diese Stadt verliebt. Die wundervolle Innenstadt und das Glockenhaus mit seiner romantischen Atmosphäre bilden einen sehr ansprechenden Rahmen für unsere Ausstellung."

Die ausschließlich in Handarbeit hergestellten Puppen sind allesamt Künstlerpuppen. Zwar ist diese Bezeichnung nicht geschützt, sie darf aber nach den Regeln des Verbands nur führen, wer seine Puppen selber modelliert und die Formen selber baut. "Die Puppen werden von Sammlern in der ganzen Welt gekauft. Sie brauchen natürlich Gewissheit, dass ihre Sammlerstücke auch tatsächlich Einzelstücke und keine industriegefertigten Waren sind." Anhand vorgegebener Kriterien legt der Verband fest, ob die einzelnen Werke die Bezeichnung Künstlerpuppen führen dürfen. Wer sicher gehen möchte, dass es sich bei einem Objekt auch tatsächlich um eine Künstlerpuppe handelt, sollte sich bei dem Verband vorab über den Künstler informieren.

Mit Fug und Recht darf Vera Scholz sich Puppenkünstlerin nennen. Seit 26 Jahren modelliert und formt sie Puppen und kleidet sie in selbstgeschneiderte Kleider oder Kostüme. Die gelernte Damenschneiderin liebt ihre Arbeit: "Das Schöne an dieser Arbeit ist, dass man vollkommen frei entscheiden kann, welche Art von Puppen man machen möchte," schwärmt die Neu-Lüneburgerin, die erst vor zwei Jahren von Hamburg in die Salzstadt gezogen ist. Für die Ausstellung in Lüneburg hat sie Puppen im Renaissance-Stil mitgebracht. "Ich habe mich von den kostümierten Stadtführern inspirieren lassen, die ich hier in Lüneburg immer so gern sehe."

Zu den bekanntesten Puppenkünstlerinnen unserer Zeit zählt auch Anne Kohlschmidt aus Egestorf. Sie vermag es, mit wenigen Stilmitteln ihren Geschöpfen einen besonders charaktervollen und erdverbundenen Ausdruck zu verleihen - was nicht wundert, da Anne Kohlschmidt seit vielen Jahren in der Lüneburger Heide zu Hause ist.

Neben deutschen Puppenkünstlerinnen sind auch Künstlerinnen aus den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz nach Lüneburg gekommen. Sie hoffen, hier nicht nur Bewunderer, sondern auch Käufer für ihre Werke zu finden. Die Hürden sind allerdings hoch: Viele der hier ausgestellten Puppen kosten mehrere Tausend Euro. "Man darf nicht vergessen, dass es Kunstwerke sind," gibt Rademann zu bedenken und erinnert an den Wert, den heute die ersten noch handgefertigten Käthe-Kruse-Puppen auf dem Markt erzielen und die inzwischen eine gute Geldanalge geworden sind.

Zugleich richtet Rademann aber den Blick auch in die Zukunft: "Wir sind auch hier, weil wir natürlich auch neue Künstler kennen lernen wollen. Dafür eignet sich so ein Rahmen ganz besonders." Und in der Tat gibt es unter den Puppenkünstlern auch Entwicklungen, abseits der klassischen Puppengestaltung neue Formen auszuprobieren.

So entwirft Heidemarie Doyé aus Limbach-Oberfrohna Puppen, die in Anlehnung an die "gothic"-Bewegung wohl eher den Geschmack von Jugendlichen trifft und hierfür bereits Kunstpreise erhalten hat. Und Anne Witte aus Pastetten, die ihre Stoffpuppen mit Nadel und Faden modelliert, hat mit Willi Brandt, Franz-Josef Strauß und Hans-Dietrich Genscher bereits die ersten Politiker nachgebildet.

Besonders kreativ und ausdrucksstark sind die Figuren von Sabine Vogel aus Bielefeld. Ihre "Beautiful Beasts" scheinen von einer anderen Welt zu stammen. Beeindruckend ist dabei auch die Beweglichkeit ihrer Objekte. Die Figuren erfahren dadurch eine ausgesprochen starke Natürlichkeit, die in einem wunderbar spannungsreichen Kontrast zu ihrer künstlichen Entrücktheit steht.

Die noch bis morgen andauernde Ausstellung sollten sich die Lüneburger nicht entgehen lassen. Zwar plant der Verband, künftig im Zweijahresrhythmus nach Lüneburg zu kommen, "aber das", so Rademann, "hängt auch davon ab, auf wie viel Resonanz unsere Ausstellung in Lüneburg stößt."

Die Ausstellung ist von 10 bis 17 Uhr im Glockenhaus geöffnet.