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Muss Kaltenmoor die Zeche zahlen?

Links-Partei beklagt zu hohe Avacon-Fernwärmepreise in Lüneburg und wirft Stadt Preisverheimlichung vor

Offenbar deutlich höher als an anderen Versorgungsorten in Lüneburg sind die Fernwärmepreise in Kaltenmoor. Foto: LGheuteLüneburg, 29.05.2016 - Wird in Lüneburg bei den Fernwärmepreisen mit zweierlei Maß gemessen? Diesen Verdacht hat die Partei Die Linke. Sie beklagt insbesondere, dass die ohnehin finanziell meist schlechter gestellten Bewohner der Hochhäuser in Kaltenmoor deutlich mehr für die Fernwärmelieferung der Avacon zahlen müssen als beispielsweise die künftigen Bewohner des Neubaugebiets Ilmenaugarten. Und sie hegt den Verdacht, dass die Stadt als größter kommunaler Aktionär der Avacon bei der intransparenten Preisgestaltung und -verheimlichung mitwirkt. In einer Anfrage an die Stadt zur kommenden Ratssitzung am 2. Juni bittet die Partei um Aufklärung und erfährt, dass plötzlich Bewegung in die Sache kommt.

"Anfang 2011 war teure Fernwärme zuletzt das Thema im Stadtrat. Damals erklärte der Umweltdezernent: Die Verwaltung werde das Thema in dem in Kürze tagenden Energiebeirat der Avacon AG zur Sprache bringen. Das ist aber fünf Jahre nicht geschehen. Nachdem wir jetzt unsere Anfrage gestellt hatten, bekam ich für den 18. Mai 2016 die Einladung zur Energiebeiratssitzung mit dem einzigen Thema: 'Grundsatzinformation zur Fernwärmeversorgung'. Offenbar haben wir in ein Wespennest gestochen", erklärt Rainer Petroll, Mitglied der Linken im Rat der Stadt Lüneburg.

Zum Sachverhalt: Die Stadt hatte mit der Avacon im vergangenen Jahr einen neuen Fernwärmevertrag abgeschlossen, die genauen Ausschreibungsergebnisse wurden nicht veröffentlicht. Anders als viele Stadtwerke veröffentlicht Avacon auch die Fernwärmepreise nicht. Anhand von öffentlich bekannten Vergleichswerten lässt sich aber ein in der Stadt sehr unterschiedliches Fernwärmepreisniveau feststellen, wie die Linke mit folgenden Zahlen aufzeigt:

  • Kaltenmoor Hochhaus, Hinrich-Wilhelm Kopf Str. 2-6 = 13,86 Cent/kWh brutto, Kaltenmoor Einfamilienhaus, Kurt-Schumacher-Straße 12a = 12,17 Cent/KWh brutto
  • Landeseigene Gebäude, Behördenzentrum Auf der Hude = ca. 10,0 Cent/kWh brutto
  • LüWoBau, Neues Wohngebäude Ritterstr. = ca. 7 Cent/kWh brutto
  • Ilmenaugarten – An der Wittenberger Bahn = ca. 6,5 Cent/kWh brutto

In ihrer Kritik bezieht sich die Linke auf die Kaltenmoorer Zeitschrift "Kontakt". Darin hat der Arbeitskreis "Heizkraftwerk Kaltenmoor“ seinerseits Kritik am Verhalten der Stadt geäußert, seitdem die Avacon das Heizwerk übernommen hat. Sie erklären: "Seitdem strebt die Stadt nur noch das Moderieren von Verhandlungen mit der Avacon AG an, sofern sie darum von außen gebeten wird. Sollte der Grund das Aktienpaket der Stadt von der Avacon AG sein?", fragt der Arbeitskreis.

Im Baugebiet der Ilmenaugarten GmbH wird an zentraler Stelle ein Blockheizkraftwerk (BHKW) gebaut. Für diese Leistung wurde ein Wettbewerb durchgeführt, günstigster Bieter und somit Auftragnehmer ist die Avacon. Der Angebotspreis soll laut Linke bei ca. 6,5 Cent/kWh brutto liegen. Für das Hanseviertel hat die Stadt Lüneburg mit der Immobiliengesellschaft der Sparkasse Lüneburg, der IDB, in einem städtebaulichen Vertrag vereinbart, dass die IDB für das Baugebiet ein BHKW errichten lässt. In jedem Grundstückskaufvertrag soll der Anschluss an das BHKW vorgeschrieben werden.

Das Behördenzentrum Ost liegt im Einzugsbereich des neuen BHKW. Nach Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die Oberfinanzdirektion Hannover wurden in die Landesgebäude statt eines Fernwärmeanschlusses eigene Brennwertkessel eingebaut. Unter Einbeziehung aller Investitionskosten wären die Fernwärmekosten der Avacon etwa doppelt so hoch gewesen.

"Aus den diesen Details ist ersichtlich: Immer wenn die Avacon AG als Monopolist auftritt, sind die Wärmepreise deutlich höher. Ist aber ein Wettbewerb möglich, sind die Wärmepreise moderat", kritisiert die Fraktion in ihrer Ratsanfrage. Darin möchte sie vor allem die Rolle der Stadt und von Oberbürgermeister Ulrich Mädge als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei der Preisgestaltung geklärt wissen.

"Es wundert mich nicht, dass Oberbürgermeister Mädge das Fernwärmethema unangenehm ist", sagt Fraktionschef Michèl Pauly. "Die unterschiedlichen, teils sehr hohen Preise sind ein Skandal. In den Hochhäusern in Kaltenmoor zahlen Mieter, viele davon Geringverdiener und Arbeitslose, fast doppelt so hohe Fernwärmepreise wie tendenziell Besserverdienende in der Stadtmitte. Die Stadt ist mit einem Aktienpaket an der Avacon AG beteiligt. Unser Oberbürgermeister ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender! Da soll es nicht möglich sein, auf die Preisgestaltung Einfluss zu nehmen? Warum macht die Stadt Lüneburg als größter kommunaler Aktionär bei der Preisverheimlichung mit?" Pauly weist zudem darauf hin, dass dort, wo eigene Stadtwerke die Fernwärmeversorgung übernehmen, etwa in Lübeck oder Hannover, die Preise einheitlich sowie öffentlich nachlesbar und auch günstiger seien als bei der Eon-Tochter Avacon in Lüneburg.