header

Straßenumbenennung wird vorerst ausgesetzt

Thema kommt erneut in den Rat – Anwohner gegen "Alibi-Veranstaltung" – Alt-OB spricht von "normalem Vorgang"

Für sie und weitere rund 60 Anwohner ist die Erbstorfer Landstraße mehr als nur eine Anschrift. Sie wehren sich gegen die Umbenennung ihrer Straße. Foto: LGheuteLüneburg, 29.12.2021 - Die Umbenennung der Erbstorfer Landstraße und des Düvelsbrooker Wegs wirft weiter Wellen. Nun soll der umstrittene Vorgang noch einmal im Rat der Stadt behandelt werden, teilte die Stadtverwaltung gegenüber LGheute mit. Zuvor sollen die betroffenen Anwohner angeschrieben und angehört werden. Solange werde die vom Rat bereits beschlossene Umbenennung ausgesetzt. Bei den Anwohnern stößt die Ankündigung auf Skepsis. Alt-Oberbürgermeister Ulrich Mädge verteidigt unterdessen den Beschluss der Stadt.

"Wir haben die Sorge, dass die nachträgliche Anhörung eine reine Alibi-Veranstaltung ist", sagt Nikolinka Kovacki. Sie ist eine der rund einhundert betroffenen Anwohner, die von der Umbenennung überrascht wurden und sich nun dagegen zur Wehr setzen. Knapp 80 Unterschriften Gleichgesinnter hat sie bereits eingesammelt und die Listen zusammen mit ihrem Widerspruch gegen die Umbenennung vor Weihnachten bei der Stadt eingereicht. "Eine Antwort haben wir bislang aber noch nicht erhalten", sagt sie.

Sei 14 Jahren wohnt Nikolinka Kovacki an der Erbstorfer Landstraße, für sie ist die Straße "ein Teil meines Lebens". Hier einfach den Namen zu ändern, "noch dazu für jemanden, den kaum einer kennt", sei für sie nicht nachvollziehbar. "Die Erbstorfer Landstraße ist doch nicht irgendeine Straße. Sie hat eine wichtige Bedeutung für die Stadt, gibt Orientierung", sagt die Anwohnerin und verweist auf historische Karten und Katasterauszüge, in denen die Erbstorfer Landstraße bereits erwähnt ist.

Wie sehr die Umbenennung die Anwohner auch emotional beschäftigt, macht Ingrid Gerhus deutlich. Seit 1961 ist die Erbstorfer Landstraße ihr Zuhause, die geplante Änderung mache ihr zu schaffen: "Seit dem Schreiben von der Stadt habe ich schlaflose Nächte." Darin hatte die Verwaltung Anfang November die Anwohner aufgefordert, die im Zuge der Umbenennung neu vergebenen Hausnummern innerhalb von sechs Wochen zu ändern. 

◼︎ Mädge: "Das haben wir immer so gemacht."

Warum die Anwohner nicht früher informiert und angehört wurden, könne er sich nicht erklären, sagt Ulrich Mädge. "Bei mir lag das Schreiben dazu fertig auf dem Tisch, warum es nicht rausgeschickt wurde, kann ich nicht sagen." Danach sei er in den Urlaub gefahren. Dass dieses Schreiben zur Anhörung der Betroffenen überdies erst nach dem Ratsbeschluss abgeschickt worden wäre, die Anhörung also ohne Einfluss auf die Beschlussfassung gewesen wäre, ist für Mädge kein Thema: "Das haben wir immer so gemacht." 

Auch in dem Umstand, dass die Familie Krome ihren Wunsch auf Umbenennung von sich aus an die Stadt herangetragen hat, mag Mädge nichts Anrüchiges erkennen: "Das ist nicht unüblich." Auch sei der Vorschlag, die Erbstorfer Landstraße und nicht etwa eine Straße im Neubaugebiet Hanseviertel umzubenennen, von der Stadt gekommen. "Die Straße sollte einen Bezug zum Unternehmen haben", erläutert Mädge, der in seiner Zeit als Oberbürgermeister zuletzt auch das Kultur-Dezernat leitete und damit die Empfehlung durch den Kulturausschuss auf den Weg brachte. 

◼︎ Hartmut Krome sollte ursprünglich Ehrenbürger werden

Zugleich erinnert Mädge daran, dass die Benennung einer Straße nach Hartmut Krome ursprünglich gar nicht geplant gewesen sei. "Es herrschte Einvernehmen darüber, Herrn Krome aufgrund seiner hohen Verdienste um die Stadt die Ehrenbürger-Würde anzutragen." Dazu sei es aufgrund des plötzlichen Ablebens des langjährigen Werum-Firmenlenkers und Mäzens im Dezember 2019 dann nicht mehr gekommen. Mutmaßungen, wonach die Familie Krome sich eigennützig Vorteile verschafft habe, tritt Mädge vehement entgegen: "Die Familie hat sich nichts gekauft, sondern dafür gesorgt, dass in der Stadt wichtige Arbeitsplätze entstanden sind und erhalten wurden." 

◼︎ Anwohner setzen auf "neue Bürgernähe" 

"Wir warten jetzt das Schreiben der Stadt ab", erklärt Nikolinka Kovacki. "Allerdings erwarten wir mehr, als nur nachträglich angehört zu werden." Vielmehr appellieren die Anwohner an den neuen Rat und die neue Oberbürgermeisterin, ihren Ankündigungen nach mehr Bürgernähe auch Taten folgen zu lassen. "Das wäre jetzt ein guter Zeitpunkt."

Lesen Sie dazu auch: