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Kartoffelsalat und Bier

03.04.2013 - Der Druck der Gesellschafter auf die Lüneburg Marketing GmbH muss enorm sein. Nicht anders ist es zu erklären, dass nun ausgerechnet Wohnmobilfahrer für einen weiteren Umsatzschub in der heimischen Wirtschaft sorgen sollen. Offenbar aber sind die Marketing-Leute an der Grenze ihrer Möglichkeiten angekommen, denn die jetzt ins Visier genommene Zielgruppe - zumeist Rentner, die ihr Geld gern beisammen halten und deshalb Hotels und Restaurants hartnäckig meiden - wird eines ganz sicher nicht: Lüneburg auch nur ansatzweise weiterbringen.

Man muss schon bald Mitleid mit dem Marketing-Team und seinem Geschäftsführer haben. Alles, was es neu anpackt, will nicht so recht gelingen. Zum Glück, denn ob Bimmelbahn in der Innenstadt oder Leucht-Burg auf dem Kalkberg - nichts wäre weiter vom Charakter und den Möglichkeiten Lüneburgs entfernt als diese verzweifelten Brainstorming-Ergebnisse aus dem Repertoire eines Volkshochschul-Kurses.

Nun aber sollen Wohnmobilisten es richten. Die Plätze auf den Sülzwiesen sind bereits seit Tagen ausgebucht, Schnäppchen-Gutscheine für Billig-Einkauf gedruckt und sogar ein gemütlicher Lüneburg-Abend - mit Tapas (!) und Mittelalter-Spektakel - wartet schon auf die Neu-Ankömmlinge. Deutlicher kann man schon fast nicht mehr zum Ausdruck bringen, dass man eigentlich gar nichts begriffen hat.

Wie aber soll es mit Lüneburg weitergehen? Sollen es weiterhin die Massenbeglückungsveranstaltungen sein, die zeitweise im Monatsrhythmus durch die Innenstadt wummern, oder darf es vielleicht ein bißchen anspruchsvoller sein? Lüneburg-Besucher sind interessiert an Geschichte, Architektur und Kultur, nicht an ohrenbetäubenden Mega-Events mit angetrunkenem Johl-Publikum. Sie schätzen gute Hotels ebenso wie gute Köche und guten Wein und sind großzügig, wenn das Angebot zusagt. Wer stattdessen lieber dauerhaft auf Masse setzt, darf sich nicht wundern, wenn er früher oder später auf dem Niveau eines Polen-Marktes landet.

Was Lüneburg also braucht, ist ein Mann mit spritzigen und geistreichen Ideen, mit klarem Blick für das Juwel, das er in Händen hält und das er zum Leuchten bringen kann. Ein Mann mit Format und Stehvermögen, einer, der auch dickbäuchigen Hardlinern gewachsen ist und der weiß, dass gute Ideen Zeit brauchen, um ihre Wirkung voll entfalten zu können. Doch will man den in Lüneburg wirklich haben?

Lieber freut man sich jetzt auf Wohnmobilfans, die tagsüber auf der Suche nach den Super-Schnäppchen in die immergleichen Filialläden pilgern, um den Abend bei mitgebrachtem Bier und selbstgemachtem Kartoffelsalat in der sündhaftteuren Auto-Wohnung vorm Fernseher zu genießen. Na dann: Gute Nacht, Lüneburg.

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "Lüneburg lockt mit Wohnmobiltagen"