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Gehen uns die Lehrlinge aus?

100 Wörter zum Fachkräftemangel in Niedersachsen - Landtagskandidaten beziehen Position

Hansestadt, 21.12.2012 - Am 20. Januar ist Landtagswahl in Niedersachsen. Wieder hat LGheute die Landtagskandidaten der im Landkreis etablierten Parteien zu einem Thema befragt, das die Menschen hier in der Region beschäftigt. Thema heute ist der drohende Fachkräftemangel in den Betrieben. Was wollen und können die Kandidaten für Hansestadt und Landkreis Lüneburg tun? Für ihre Antworten gab es nur eine Vorgabe: Sie dürfen nicht mehr als 100 Wörter umfassen.

 

LGheute: Viele junge Menschen streben das Abitur an. Sie erhoffen sich davon eine bessere Ausgangsposition auf dem Arbeitsmarkt und breitere berufliche Perspektiven. Dieser positiven Entwicklung steht eine andere gegenüber, auf die viele Unternehmen mit Sorge blicken: ihnen fehlt zunehmend der Nachwuchs in den Betrieben. Hinzu kommt, dass oft nur  wenige der Schulabgänger, die sich für eine Lehre entscheiden, auch die dafür erforderlichen Voraussetzungen mitbringen. So bleiben nur wenig geeignete Bewerber für eine Lehrstelle übrig - eine Entwicklung, die für Mittelstand und kleine Betriebe ein ernsthaftes Problem werden kann.

Wie wollen Sie als Mitglied des Niedersächsischen Landtags oder der Landesregierung dieser Entwicklung wirksam begegnen?

Dr. Bernd Althusmann, CDU: "Bildung ist der Schlüssel für die Zukunft unseres Landes. Der CDU-geführten Landesregierung ist es gelungen, die Ausbildungsfähigkeit und die Berufswahlkompetenz der Schüler seit 2003 in allen Schulformen zu verbessern, sei es z.B. durch flächendeckende Kompetenzfeststellungsverfahren. Wir werden auch in Zukunft der betrieblichen Ausbildung Vorrang geben und sicherstellen, dass betriebs- bzw. wohnortnaher Unterricht auch bei einer geringeren Zahl von Auszubildenden stattfinden kann. Es geht uns darum, noch stärker als bisher Ausbildungsschleifen im sogenannten Übergangsystem zu vermeiden und junge Leute zum Schulabschluss und in eine duale Lehrstelle zu lotsen sowie Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Jeder wird gebraucht. Damit treten wir dem Fachkräftemangel entschieden."

Andrea Schröder-Ehlers, SPD: "Der Herausforderung, genügend Nachwuchskräfte für Betriebe zu finden, kann nur mit guten Bildungsangeboten begegnet werden. Jeder sechste Jugendliche in Niedersachsen schafft den Schritt von der Schule auf den Arbeitsmarkt nicht - eine Folge der aktuellen Bildungspolitik. Junge Leute verlassen im Wettbewerb mit anderen Bundesländern Niedersachsen, der Bevölkerungsrückgang ist - nicht hier, aber in anderen Teilen des Landes - dramatisch. Daher muss viel getan werden, um das Land attraktiver zu machen, etwa bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dafür setzen wir uns ein, genauso für eine Berufsbildung, die "alle mitnimmt" und jungen Menschen, die im dualen Ausbildungssystem gescheitert sind, eine zweite Chance einräumt."

Dr. Edzard A. Schmidt-Jortzig, FDP: "Die Landesregierung hat mit der Schaffung der Oberschule einen wichtigen Schritt zur Straffung der auf Lehrberufe gerichteten Schulausbildung getan. Dies sollte von einer Verbesserung des Images von Lehrberufen in der Öffentlichkeit begleitet werden. Das als weltweit führend angesehene duale Ausbildungssystem für Lehrberufe sollte erhalten und weiter optimiert werden, z.B. durch eine kontinuierliche Anpassung der Lehrpläne und eine gezielte Lehrerfortbildung. Durch die dauerhafte Einrichtung einer Koordinierungsstelle Berufsorientierung und den Ausbau von Bildungsberatungsstellen lässt sich die Bildungsmotivation erhöhen und die Zahl der Schulabbrecher senken. Um kleinen und mittelständigen Unternehmen die Ausbildung zu erleichtern, setzen wir uns für die Etablierung eines Ausbildungs-Baukastensystems ein."

Detlev Schulz-Hendel, Bündnis 90/Die Grünen: "Gute Betreuung, Bildung und Förderung von Anfang an sind die beste Vorsorge gegen den Fachkräftemangel. Die erfolgreiche duale Ausbildung muss gestärkt werden. Gemeinsam mit den berufsbildenden Schulen und der Wirtschaft müssen wir in Anlehnung an das Hamburger Modell dafür sorgen, dass alle Jugendlichen innerhalb eines halben Jahres nach Verlassen der Schulen in eine Berufsausbildung eintreten können. Wir wollen Schulen und Betriebe dabei unterstützen, wirksame Konzepte zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses zu entwickeln, zum Beispiel durch attraktive Praktikumsangebote. Die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen muss einfacher und unbürokratischer gestaltet werden. Der Zugang zum Arbeitsmarkt muss für Migranten und Migrantinnen deutlich erleichtert werden."

Michèl Pauly, Die Linke: "Wir fordern eine Ausbildungsplatzgarantie für Schulabgänger. Betriebe, die weniger ausbilden, als sie selbst an Nachwuchs brauchen, sollen eine Ausbildungsplatzumlage zahlen und zwar an die Betriebe, die über ihre eigenen Bedürfnisse hinaus ausbilden. So wollen wir zusätzliche Ausbildungsplätze attraktiver machen und für mehr betriebliche Ausbildungsplätze sorgen. Junge Menschen, die dennoch keinen Ausbildungsplatz finden, sollen ein außerbetriebliches oder schulisches Weiterbildungsangebot bekommen. Die Ausstattung und damit auch die Qualität der Berufsschulen soll verbessert werden. Das Angebot an den Volkshochschulen muss erhalten und gerade im Bereich Spracherwerb für Migrantinnen und Migranten verbessert werden. Gut ausgebildete Migranten sind für Betriebe mit Nachwuchsproblemen eine große Chance."

Torbjörn Bartels, Piraten-Partei: "An der Problematik ist die Wirtschaft ja nicht ganz unschuldig. Die Perspektiven sind ohne Abitur leider wirklich nicht mehr rosig. Wo früher eine Ausbildung für einen gut bezahlten Job gereicht hat, ist heute schon Abitur notwendig, um diesen zu erhalten. Hier wird es unabdingbar sein, dass Politik und Wirtschaft in den Dialog treten, um gemeinsam die Ausbildung und die darauf folgende berufliche Laufbahn attraktiver zu gestalten. Außerdem muss auch die schulische Laufbahn abseits des Abitur verbessert werden. Dafür setzte ich mich ein."

 

Horst Gilles, Bündnis 21/RRP: "Die Partei Bündnis 21/RRP steht für Verbesserung der schulischen Bildung durch vermehrten Einsatz von Lehrern, dadurch deutlich kleinere Klassenstärken und Stärkung der Lehrerautorität. Daneben Zusammenlegung der zersplitterten Zuständigkeiten auf ein Bundeskultusministerium statt 16 Landeskultusministerien. Geld dafür ist genug vorhanden, es wird von den Altparteien nur falsch verteilt (zum Beispiel 16 Landesregierungen). Wir hören auf mit den ständigen Änderungen der Schulformen, schaffen die Möglichkeit einer durchgängigen Beschulung mit verschiedenen qualifizierten Abschlüssen - Abitur, Fachhochschulreife, Mittlere Reife, qualifizierter Schulabschluss - und setzen durch, dass auch ein besserer Abschluss nachgeholt werden kann. Die Studiengebühren schaffen wir ab. Die Lehrpläne werden dem Bedarf der Wirtschaft angepasst."

 

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