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Intelligenz-Test im Rathaus

Innenministerin Behrens warf heute einen Blick auf die digitale Kompetenz der Lüneburger Verwaltung 

Innenministerin Daniela Behrens trug sich heute im Beisein von Bürgermeisterin Jule Grunau ins Gästebuch der Hansesteadt Lüneburg ein. Foto: Stadt LüneburgLüneburg, 06.08.2025 - Intelligenz in der Lüneburger Verwaltung? Wer daran bislang zweifelte, wurde heute eines Besseren belehrt. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) überzeugte sich am Vormittag im Rathaus der Stadt höchstpersönlich davon, dass diese Eigenschaft tatsächlich vorhanden ist. Dabei ging es allerdings weniger um die Beurteilung politischer Entscheidungen der Grünen Verwaltungsspitze. Im Mittelpunkt stand die Künstliche Intelligenz als neue Schaffenskraft im Rathaus.

Behrens, die als Ministerin nicht nur für die wenig Erfolg verheißende Innenpolitik, sondern auch für Digitales in Niedersachsen zuständig ist, wollte sich in Lüneburg einen Eindruck darüber verschaffen, wie es die Stadtverwaltung mit der Intelligenz, konkret der Künstlichen Intelligenz (KI) hält. Und sie erhielt Auskunft: "Der Einsatz künstlicher Intelligenz in der Lüneburger Verwaltung ermöglicht es uns, Prozesse effizienter zu gestalten, Entscheidungen datenbasiert zu treffen und den Bürgerservice nachhaltig zu verbessern", so Jens Mildner, Fachbereichsleiter Innere Verwaltung bei der Hansestadt. Die Ministerin dürfte er damit nicht zu Freudensprüngen animiert haben, denn er machte auch gleich klar, wo aus Sicht der Verwaltung die Grenzen für KI gesetzt sind: "Die KI soll den Mitarbeitenden als ergänzendes, unterstützendes Werkzeug dienen. Sie wird die Kolleginnen und Kollegen nicht ersetzen, es wird weiterhin fachliche Entscheidungen der erfahrenen Mitarbeitenden brauchen." 

◼︎ Erst KI, dann die Nacharbeitung

Fachliche Entscheidungen der Mitarbeiter? Bereits an diesem Punkt hätte die Ministerin einhaken müssen. Denn wofür braucht es Künstliche Intelligenz, wenn deren Ergebnisse durch Mitarbeiter infrage gestellt oder womöglich wieder aufgehoben werden? Worauf läuft es hinaus, wenn Mitarbeiter noch einmal nacharbeiten, was KI eigentlich allein leisten sollte? Oder wird hier eine an sich sinnvolle Neuerung gleich wieder in den Tiefen angeblich unabwendbarer Verwaltungssachzwänge versenkt?  

Immerhin wurde es heute auch ganz konkret: Im Rathausgarten ließ sich Behrens ein Fahrzeug und ein Fahrrad der Stadtverwaltung zeigen, mit denen KI-gestützt der Zustand der Lüneburger Straßen erfasst wird. Dabei wird an der Windschutzscheibe des Autos oder am Fahrradlenker ein Smartphone befestigt, das während der Fahrt Straßenschäden wie Risse oder Abnutzungen aufnimmt. Die KI-gestützte Software wertet die gesammelten Daten aus und bereitet sie auf.

Aus Sicht der Verwaltung ergibt sich daraus ein echter Vorteil: "Diese detaillierten Informationen ermöglichen der Verwaltung eine präzise und zeitnahe Planung von Reparatur- und Wartungsmaßnahmen", erläuterte Verwaltungsmitarbeiterin Laura Pérez Fernández der Ministerin während der Demonstration. Dadurch würden in der Lüneburger Verwaltung nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch die Lebensdauer der Straßeninfrastruktur verlängert. 

◼︎ Verlängerung der Lebensdauer von Straßen durch KI?

Nur: Der Nachweis der angeblichen Kostensenkung wurde nicht erbracht. Und wie das KI-Tool eine Verlängerung der Lebensdauer der Straßeninfrastruktur herbeiführen soll, ist ebenfalls rätselhaft. Denn es spielt im Ergebnis keine Rolle, ob die Straße durch KI oder durch einen Mitarbeiter der Verwaltung gescannt wird, der dort ohnehin mit Auto oder Fahrrad dabei sein muss. Und wenn dann noch wie bereits angekündigt die "fachliche Entscheidung" eines weiteren Mitarbeiters hinzugezogen werden muss, hätte man diesen auch gleich selbst testen lassen können.

Und noch etwas Neues gab es heute: Ministerin Behrens wurde das Lüneburger Pilotprojekt "VoiceBot" zur KI-Unterstützung der Telefonzentrale vorgestellt. Mit dem Tool sollen telefonische Anfragen in vielen Sprachen rund um die Uhr automatisch beantwortet und damit das Fachpersonal entlastet werden. Durch Spracherkennung und natürliche Sprachverarbeitung soll der Bot auf Anfragen reagieren, Informationen bereitstellen und Gespräche bei Bedarf an zuständige Stellen weiterleiten. Das klingt erstmal gut, doch spätestens bei der Weiterleitung der Gespräche an die "zuständigen Stellen" dürfte sich das nächste Hindernis auftun. Das kennt man ja auch schon ohne KI.

 

 

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