Ehemaliger Linken-Politiker will mit "Volt" zurück in den Rat der Stadt
Lüneburg, 28.08.2025 - Der ehemalige Linken-Politiker Michèl Pauly ist zurück in der Politik. Allerdings nicht mehr bei seinen früheren Genossen, der Lüneburger ist seit Neuestem Mitglied bei "Volt", einer Partei, die sich selbst als "paneuropäische politische Bewegung" beschreibt. Bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr will sie den Einzug in die Parlamente in den Landkreisen Lüneburg, Harburg und Lüchow-Dannenberg erstmals flächendeckend antreten und in alle Kreistage und Stadträte mit eigenen Vertretern einziehen. Auf LGheute erläutert Pauly seine Beweggründe.
Was treibt einen 40-jährigen Ex-Politiker, sich noch einmal in die Kommunalpolitik zu stürzen? Schließlich hatte Pauly viele Jahre die Fraktion der Linken im Rat der Stadt geführt, bis er sie 2022 wegen deren Haltung zum russischen Angriffskrieg verließ und damit auch sein Mandat im Rat der Stadt niederlegte. Nun zieht es ihn zurück in die Lüneburger Politik, dieses Mal mit "Volt". Zu seinen Beweggründen sagt er gegenüber LGheute:
"Volt ist eine eigenständige paneuropäische Partei. Es gibt europaweit eine gemeinsame Partei, die im stetigen programmatischen Austausch ist. Das bedeutet: Es gibt Volt in der Ukraine, es gibt Volt im Baltikum (in Estland ist jüngst der ehemalige Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves Mitglied geworden), es gibt Volt in Deutschland, Niederlanden, Schweden, UK, Portugal und quasi überall dazwischen. Die nationalen Gliedparteien sind dann formelle Ableger dieser einen, programmatisch geeinten Partei."
◼︎ Kein Problem mit einer Europäischen Armee
Dieser Fokus auf Europa sei einer seiner Beitrittsgründe gewesen, sagt Pauly. Dass sie auch eine Europäische Armee, ebenso ein Ende des Einstimmigkeitsprinzips, ein stärkeres Europäisches Parlament und auch mehr Kompetenzen für die EU-Ebene befüwortet, etwa im Bereich der Steuern, stört Pauly nicht. Im Gegenteil: "Ich war lange Jahre schon Mitglied der
'Europa-Union', die sich für die Perspektive eines förderalen Europäischen Staates einsetzte – etwas, das wir gerade umso mehr brauchen, wo die USA als Handels- und genereller Bündnispartner unter Trump wegfallen."
◼︎ Mit Marx nichts mehr am Hut
Wie sehr Pauly sich von seiner früheren Partei verabschiedet hat, zeigt sich auch an seinem Blick auf die Bedeutung wirttschaftlicher Erfordernisse. "Auch ökonomisch bin ich bei Volt wohl passender als bei meiner vormaligen Partei, denn Volt orientiert sich eher an tatsächlichen ökonomischen, ökologischen und sozialen Erfordernissen und nicht an Schriften, die Wahlweise über einen aramäischen Wanderprediger vor 2000 Jahren geschrieben wurden oder von einem jahrhundertealten Trierer Nationalökonomen" – womit als Letzterem Karl Marx gemeint sein dürfte.
◼︎ Bedingsungsloses Grundeinkommen soll bleiben
Doch von allen Linken-Idealen hat sich auch Pauly oder besser seine neue Partei noch nicht verabschiedet. Denn "Volt" stehe für eine negative Einkommensteuer oder ein bedingungsloses Grundeinkommen für ganz Europa, das "in sich widersprüchliche Sozialtransfersysteme größtenteils ersetzen soll und teilweise Fehlanreize zur Nichtarbeit beseitigen würde". Zumindest mit dem letzten Punkt dürfte der Neu-Volter bei der kommenden Wahl wohl einige Stimmen fangen.
◼︎ Kritischer Blick auf die Stadtfinanzen
Und wofür konkret will Pauly sich in Lüneburg einsetzen? "Ob ich selbst von Volt aufgestellt werde, das wird man sehen. Ich bin nun ganz neu dort. Das wird Volt Nordheide beizeiten entscheiden. Meine politischen Schwerpunkte würden aus eigener Erfahrung wohl die (ökonomisch) nachhaltigen Stadtfinanzen sein, das Thema öffentliche Unternehmen und Wirtschaft sowie die Verkehrswende. Konkret: Smarte Nahverkehre, Smart Parking, eine Neuverteilung öffentlicher Räume für den Umweltverbund. Da braucht man eigentlich das Rad nicht neu zu erfinden." Best-Practice-Beispiele aus Europa nach Lüneburg zu holen, "daran hätte ich Interesse und Lust".
◼︎ Neuer Chef bei Volt Nordheide
Volt Nordheide hat bei Ihrer Mitgliederversammlung am 21. August den "City-Lead" – er überimmt eine ähnliche Funktion wie der Vorsitzende eines Regionalverbands – neu besetzt. Neuer City-Lead ist Michael Riedel aus Buchholz in der Nordheide. Neben ihm wurde Sebastian Speetzen (Tostedt) ebenfalls zum City-Lead neu gewählt. Als Communications-Lead (zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) wurde neu Heike Grüter-Hommerich aus Dannenberg gewählt sowie Dr. Maximilian von Münch aus Lüneburg wiedergewählt. Als Community-Lead wurde Matthias Pickl aus Amt Neuhaus wiedergewählt. Zum neuen Policy-Lead wurde Volts erster Mandatsträger der Region, Niklas Rüter aus Handorf gewählt, der in der Samtgemeinde Bardowick und der Gemeinde Handorf zusammen mit seiner früheren SPD-Fraktion eine Gruppe bildet.
Im Europäischen Parlament wird Volt von drei deutschen und zwei niederländischen Abgeordneten vertreten. In Niedersachsen zählt Volt etwa 880 Mitglieder und ist in bereits einigen Städten mit kommunalen Mandaten vertreten.
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