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Jamaika, sechster Akt: Herausforderung im Bauausschuss

Die Grünen suchen Widersprüche – Der politische Showdown aber bleibt vorerst aus

Oberbürgermeister Ulrich Mädge (l.) und seine Verwaltung zeigten sich gut präpariert im Bauausschuss. Neben ihm Ausschussvorsitzender Eberhard Manzke und Stadtbaurätin Heike Gundermann. Foto: LGheuteLüneburg, 30.11.2020 - Frostige Atmosphäre herrschte heute in dem mit Spannung um die Jamaika-Inszenierung erwarteten Akt im Bauausschuss der Stadt. Denn nicht nur die Heizung im Kulturforum Wienebüttel, dem Tagungsort des Ausschusses, war nahezu komplett ausgefallen. Auch an der Kommunikationsfront zwischen Grünen und Verwaltung herrschte bisweilen Eiszeit. Erstere hatten wegen des riesigen Dokumentenkonvoluts, das sie zur Verabschiedung des Neubaugebiets "Wienebütteler Weg" durcharbeiten sollten, Überforderung reklamiert und deshalb die Jamaika-Gruppe platzen lassen (Erster Akt). Wer aber vor dem Hintergrund der letzten Tage einen Showdown zwischen den Hauptdarstellern erwartet hatte, sah sich getäuscht.

Drei volle Stunden hatten der Ausschussvorsitzende Eberhard Manzke (CDU) und Stadtbaurätin Heike Gundermann für die Sitzung angesetzt, Zeit, um noch einmal alles vorzutragen, was zumindest die Ausschussmitglieder schon mehrfach präsentiert oder zu lesen bekamen. Um die Gemüter aber zu beruhigen, die sich im Vorfeld der Sitzung wegen der angekündigten Entscheidung zum Bebauungsplan für das Neubaugebiet "Wienebütteler Weg" ordentlich erhitzt hatten (Akt eins bis vier), wurde darauf nun in der Sitzung kluger Weise verzichtet. Stattdessen sollte noch einmal Gelegenheit zum Austausch gegeben werden.

Doch offenbar war es dem Ausschussvorsitzenden als auch der Verwaltung wichtig, den in Stellung gegangenen Kritikern auf Seiten der Grünen heute keine offene Flanke zu bieten. Zu wichtig schien es, in der Endphase vor der Verabschiedung des umstrittenen Bebauungsplans für das Neubaugebiet "Wienebütteler Weg" nicht auf den letzten Metern doch noch über aufgestellte Hürden zu stolpern.

Entsprechend wohlpräpariert zeigte sich Gundermann und mit ihr der große Stab an Verwaltungskräften, der bereitstand, jede nur denkbare Frage zu beantworten. Doch nicht nur das: Auch die an der Erarbeitung des Bebauungsplan-Entwurfs beteiligten Gutachter waren zugegen und mussten – wie alle – vor Kälte zitternd auf ihren Auftritt warten.

Erfreulich ehrlich ging FDP-Ausschussmitglied Birte Schellmann mit dem Thema um: Weil sie sich ein fachliches Urteil zwischen den zum Teil sehr tiefgehenden Einwendungen von Lüneburgern auf der einen und den Erwiderungen der Verwaltung auf der anderen Seite nicht zutraute, suchte sie Rat bei der Verwaltung: "Was ist jetzt richtig? Ich kann das nicht entscheiden." Die Antwort von Oberbürgermeister Ulrich Mädge "Das, was wir dazu sagen, denn wir haben es eingehend geprüft und bewerten jede Einwendung in der Gesamtbetrachtung und nicht isoliert."

Grünen-Ausschussmitglied Wolf von Nordheim hingegen suchte den Konflikt. Er bohrte, fragte nach, suchte nach Widersprüchen und brachte technischen Sachverstand ein, der allerdings weder bei der Verwaltung noch bei den Gutachtern fruchtete. Auch sein Infragestellen des Klima-Gutachters zeigte am Ende schließlich auf, worum es tatsächlich geht: Die persönliche Auffassung eines (Grünen) Ratsmitglieds gegen ein vorgelegtes und von seinerm Verfasser verteidigtes Gutachten.

Das machte der Gutachter bei einem wichtigen Punkt auch deutlich: Denn während er die Reduzierung der Kaltluftentstehungsgebiete am dortigen Grüngürtel, die mit der Entstehung des Neubaugebiets erklärtermaßen geringer werden, als für die Stadt insgesamt "vertretbar" bezeichnete, sah von Nordheim darin den Knackpunkt: "Genau darin liegt der Dissenz." Nur: An dem Gutachter perlte dies hörbar ab: "Das mag sein, aber wir sind unabhängige Gutachter und können unsere Argumente begründen."

Damit und nach kurzzeitigem Zwischenpöbeln von Ulrich Löb (Grüne), dem die – wahrnehmbar wohlwollenden  – Vortragsregularien des Ausschussvorsitzenden nicht passte, fiel nach drei Stunden der Vorhang, gerade noch rechtzeitig vor dem ersten Erfrierungstoten in der Ratsgeschichte der Stadt Lüneburg. 

Bisher wurden aufgeführt:

29. November 2020: "Jamaika, fünfter Akt: Das Innenministerium wird eingeschaltet"
26. November 2020: "Jamaika – ein Lehrstück in mehreren Akten"
25. November 2020: Prolog "Wienebüttel lässt Jamaika zerbrechen"