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"Laubbäume stehen einfach sicherer"

Hansestadt, 14.12.2011 - Es weht an diesem Tag. Immer wieder blickt Michael Stall hoch in die Baumkronen, die sich im kräftigen Wind wiegen. "Ein Sturm würde uns gerade noch fehlen. Wir haben auch so genug zu tun", sagt der Förster. In einiger Entfernung rollt eine Pflanzmaschine über einen Acker am Klosterkamp und befördert 28.000 Jungbäume in die Erde. Parallel dazu ist eine Holzerntemaschine an der Roten Schleuse im Einsatz und fällt Bäume in einem Nadelwald. Im städtischen Forst herrscht zurzeit Hochbetrieb.

"Von März bis August lassen wir die Fällarbeiten im Forst ganz bewusst ruhen. Denn in dieser Zeit  pflanzen sich die Tiere fort, brüten oder ziehen ihre Jungen auf und viele Menschen streifen auf Spaziergängen durch die Natur. Über den Winter haben wir dadurch natürlich umso mehr zu tun", sagt Michael Stall, Förster und Leiter des Stadtforstamtes.

Aktuell steht Pflanzen und Ernten ganz oben auf dem Programm. "Am Klosterkamp pflanzen wir die 28.000 Bäume und Sträucher nach einem festen Prinzip", erklärt Stall. Die ersten 25 Meter am Rand um den Acker herum werden nur mit Sträuchern bepflanzt. "Daraus wird sich später der Waldrand entwickeln", so der Förster. Dieser Streifen habe auch eine Schutzfunktion. "Wenn mal ein Baum bei einem Sturm umfällt, stürzt er nicht sofort auf angrenzende Häuser oder Straßen." Im Inneren des Ackers, dort wo später der Wald stehen wird, werden die Bäume alle zwei Meter in Reihen gepflanzt. Nach zehn Reihen wird jeweils eine Reihe nicht bepflanzt. Dort soll später Platz sein für Forstfahrzeuge.

Doch bevor überhaupt ein Bäumchen gepflanzt werden konnte, musste erst der Zaun stehen. "Wenn wir die Jungbäume nicht durch einen Zaun schützen würden, wären die Pflänzchen innerhalb kürzester Zeit von Rehen abgeknabbert", sagt der Förster. Während gegen Rehe ein Drahtgeflecht hilft, organisiert sich Stall Unterstützung aus der Luft gegen Mäuse. "Wir stellen ein paar Joulen auf dem Acker auf. Das sind waagerechte hölzerne Ansitzstangen in etwa 2 Metern Höhe, die Greifvögeln einen Rast- und Aussichtspunkt bieten sollen."

Während die Pflanzmaschine am Klosterkamp ein Stückchen Wald neu entstehen lässt, durchforstet ihr Bruder, der Harvester, die Waldgebiete rund um die Rote Schleuse. "Die Holzerntemaschine fällt dort Nadelbäume, die Laubbäumen im Weg stehen oder die Platz machen müssen, weil wir dort junge Laubbäume nachpflanzen wollen", sagt Michael Stall, der die zu fällenden Bäume vorher mit einer Spraydose markiert hat. Die Stämme werden später an die Holz- und Papierindustrie verkauft.

Das langfristige Ziel ist es, die Nadelwälder des Forstamtes in einen gesunden Laubmischwald umzuwandeln. Im Forstamt der Hansestadt Lüneburg wird diese Umwandlung von Nadel- in Laubmischwälder seit der Einführung der naturgemäßen Waldwirtschaft im Jahr 1977 praktiziert. "Seitdem haben wir etwa 1,6 Millionen junge Laubbäume gepflanzt", sagt der Förster. Die Nadelbäume würden dadurch jedoch nicht aussterben. "Das verhindert die so genannte Naturverjüngung. Die Bäume lassen Samen fallen und pflanzen sich so selbstständig fort," so Stall. Die Umwandlung der Wälder ist sowohl aus ökologischen als auch ökonomischen Gründen sinnvoll. "Laubbäume haben eine große Bedeutung für die Trinkwasserbildung, verbessern die Qualität des Bodens und bieten mehr Tieren einen Lebensraum als Nadelwälder", erläutert der Förster.

Daneben sind die Laubbäume nicht nur ökologischer, sondern durch ihre Standfestigkeit auch ökonomisch risikoärmer. Sie sind weniger anfällig gegenüber Stürmen und Schädlingen. "Bei Fichtenwäldern weiß man nie, wie lange die Bäume stehen. Durch die flachen Wurzeln fallen sie bei starkem Wind schneller um. Auch werden sie oft von Borkenkäfern und anderen Schädlingen heimgesucht", gibt Stall zu bedenken.

Um das Holz verkaufen zu können, müssten die Stämme der Bäume aber eine bestimmte Stärke aufweisen – und die erreichen sie nur, wenn sie lange genug gestanden haben. "Laubbäume stehen einfach sicherer. Mit ihnen lässt sich langfristiger planen", so Stall. 

Ein Beitrag von Daniel Steinmeier.