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Der Job als Krankmacher

Leuphana-Studie weist beruflichen Hintergrund als Auslöser für Depressionen nach

Lüneburg, 30.09.2014 - Wer wird warum depressiv? Dieser Frage ist eine Studie der Leuphana Universität Lüneburg mit dem eindrucksvollen Titel "Hell Is Other People?” - deutsch: “Die Hölle sind die Anderen?“ - nachgegangen. Ein Forscher-Team hat Daten von 76.000 Personen ausgewertet. Dabei setzten die Wissenschaftler erstmals Berufsmerkmale, Geschlecht und die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken, miteinander in Bezug - ein methodisch weltweit neuer Ansatz. Das Ergebnis: Die Berufe scheinen einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit zu haben, psychisch zu erkranken.

"Die Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen und Gesundheit sind komplex, dennoch lassen sich Kausalitäten zwischen Arbeitsbelastung und Gesundheitsbeeinträchtigung nachweisen. Inwieweit das Arbeitsumfeld das Entstehen von psychischen Krankheiten wie Depressionen unterstützt, war eine bisher unbeantwortete Frage, die zurzeit kontrovers diskutiert wird", erklärt Studienleiter Professor Wulf Rössler, Seniorprofessor an der Leuphana Universität Lüneburg und Professor für klinische Psychologie an der Universität Zürich, die Bedeutung der Ergebnisse.

Der Studie zufolge sind Frauen und Männer unterschiedlich stark von Depression betroffen. 64 Prozent der Reha-Patienten mit Depressionsdiagnose sind weiblich, nur 36 Prozent männlich. Um den Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzmerkmalen und der Wahrscheinlichkeit einer Depression zu belegen, werteten die Forscher einen Datensatz der deutschen Rentenversicherung aus, der Zugänge zu beruflichen Rehabilitationsleistungen umfasst.

Die Frage der Wissenschaftler: Welche Berufsmerkmale bestimmen die Unterschiede in der Wahrscheinlichkeit von Depressions-Diagnosen? Sie fanden heraus: Konflikte mit anderen Menschen am Arbeitsplatz erhöhen das Risiko seelisch zu erkranken. Entscheidend sind auch sogenannte emotionale Stressoren, etwa, dass man sich häufig auf wechselnde Gesprächspartner einstellen und mit deren Emotionen umgehen muss.

Konflikte am Arbeitsplatz, wie sie zum Beispiel Polizisten häufig erleben, mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Depressionsdiagnosen für beide Geschlechter einhergehen, erzeugen schwächere emotionale Stressoren, wie sie zum Beispiel Verkäufer, Journalisten oder Krankenpfleger erleben, wenn sie sich immer wieder auf neue Interaktions- oder Gesprächspartner einstellen müssen, für Männer eine höhere Depressionswahrscheinlichkeit. Bei Frauen dagegen verringern dieselben Stressoren die Wahrscheinlichkeit einer Depression.

Das heißt: Es gibt Unterschiede zwischen Männern und Frauen im Umgang mit emotionalen Stressoren, die dazu führen, dass für Frauen gerade solche Situationen, die ein Höchstmaß an Strategien zum Umgang mit Emotionen benötigen, in geringerem Maße zu Depressionen führen als für Männer. Frauen scheinen bessere Strategien im Umgang mit Emotionen zu haben. Im Gegenzug könnte es sein, dass Frauen größere Schwierigkeiten in Situationen haben, in denen sie instrumentelle Strategien benötigen - wie etwa beim Verfolgen von Karrierezielen.

Ist Karriere für Männer gesünder? Sind Frauen die besseren Manager? Vor allem die Frage, wie der spezifischen seelischen Belastung in bestimmten Berufen vorgebeugt werden kann, wird die Wissenschaftler auf Grundlage dieser neuen Ergebnisse weiter beschäftigen, teilte die Leuphana mit.