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Gemeinsamer Kraftakt für die Flüchtlinge

Landkreis und Kommunen richten Krisenstab ein – Mehr Unterstützung von Bund und Land gefordert

Weniger Notunterkünfte wie hier in Sumte, dafür mehr Sammelunterkünfte für Flüchtlinge sollen im Landkreis Lüneburg entstehen. Foto: Landkreis LüneburgAdendorf, 20.10.2022 - 2.650 Flüchtlinge sind aktuell dem Landkreis Lüneburg zugewiesen, und es werden noch deutlich mehr. Doch Wohnraum ist knapp und Sporthallen sind als Notunterkünfte nicht gern gesehen. Das ist das Szenario, vor dem sich gestern Landrat Jens Böther und die hauptamtlichen Bürgermeister des Landkreises Lüneburg bei einem Krisengespräch in Adendorf zusammengesetzt haben. Die Botschaft: Jeder Flüchtling im Landkreis Lüneburg muss ein Dach über dem Kopf bekommen. Doch das geht nur mit größeren Sammelunterkünften.

Um der Lage Herr zu werden, soll ein Stab mit Verwaltungsmitarbeitern aus allen Städten, Gemeinden und dem Landkreis zusammen größere Sammelunterkünfte planen, beschloss die am Mittwoch zusammengekomme Gruppe. Zudem soll der Mietvertrag der landkreiseigenen Notunterkunft Sumte um ein Jahr verlängert werden.

Landrat Jens Böther fasst die Ergebnisse der Besprechung zusammen: "Zurzeit schaffen wir es auf Zehenspitzen und mit größten Anstrengungen, die aktuell zugewiesenen 2.650 Personen unterzubringen. Wir rechnen damit, dass unsere Quote demnächst aufgestockt wird. Darauf müssen wir uns vorab vorbereiten."

Doch die Situation sei "gravierend", so Böther. Deshalb sollen jetzt vermehrt Sammelunterkünfte auch in der Fläche geschaffen werden, um die Menschen in Not unterzubringen. "Das stellt uns in den Verwaltungen vor besondere Herausforderungen."

◼︎ "Zeit der dezentralen Unterkünfte ist vorbei"

Bei den Bürgermeistern fand dies einhellige Zustimmung. "Bislang haben wir darauf gesetzt, in den Gemeinden kleinere Unterkünfte zu nutzen", sagen Peter Rowohlt, Bürgermeister der Samtgemeinde Ilmenau, und Adendorfs Bürgermeister Thomas Maack. "Aber die Zeit der dezentralen Unterkünfte ist vorbei." Mit der Einrichtung des Stabes werde jetzt über Gemeindegrenzen hinweg gehandelt.

Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch ergänzt: "Ich freue mich, dass wir heute mit allen Beteiligten das gemeinsame Verständnis formuliert haben, dass es oberste Priorität hat, alle Schutzsuchenden gut und sicher unterzubringen – unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen, wie lange sie hier sind und welchen Status sie haben. Bei der Unterbringung ist es wichtig, alle Geflüchteten gleich zu behandeln."

Hinsichtlich der Aufgabe des neuen Stabs sind sich alle einig. So gelte es, Flächen zu finden, rechtliche Hintergründe wie Bau-, Vergabe- und Brandschutzrecht zu berücksichtigen, Mobilheime oder ähnliches zu bestellen, Anschlüsse zu legen und den Betrieb oder auch den Kauf von Betten zu organisieren.

Die Kommunalvertreter appellieren zugleich an die Zivilgesellschaft, leerstehende Immobilien oder Flächen anzubieten, auf denen Notunterkünfte errichtet werden können. Auch Unterkünfte für Saisonarbeiter seien willkommen, selbst wenn diese nur vorübergehend genutzt werden können. 

◼︎ Unterstützung von Land und Bund gefordert

Ohne Unterstützung durch Bund und Land aber werde diese Aufgabe nicht zu meistern sein, darin sind sich die Teilnehmer der Runde einig. Landrat Böther fordert deshalb, dass auch Land und Bund selbst Unterkunftsmöglichkeiten aufbauen und einen fairen Ausgleich für Aufwendungen in den Kommunen zahlen. Böther: "Wir lösen hier die Probleme – das können wir nur, wenn Bund und Land ihrer Verantwortung gerecht werden. Wir fordern dort eine zentrale Steuerung auch im europäischen Zusammenhang."

Bereits im März hatte der Landkreis innerhalb von zwei Wochen die Notunterkunft in Sumte bereitgestellt, um auch den Kommunen im Landkreis Zeit für die Wohnraumbeschaffung zu geben. "Das ist unser Aufwand, wir tragen die Kosten", sagt Böther und spricht von einer "Grundsatzentscheidung", wonach diese Situation nur gemeinsam zu bewältigen sei.

Mehr als 1.100 Menschen sind seit März in der Notunterkunft in Sumte aufgenommen worden, davon sind mehr als 430 bereits von den Gemeinden in deren Einrichtungen untergebracht worden. Zuständig für Flüchtlinge aus der Ukraine sind seit Anfang Juni die Kommunen, die ihnen – wie anderen Menschen ohne Wohnraum auch – ein Dach über dem Kopf zur Verfügung stellen müssen. Für Asylbewerber übernimmt hingegen der Landkreis die Kosten der Unterbringung.