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"Lüneburg-Vertrag" ist besiegelt

Stadt und Kreis haben nach langen Verhandlungen neue Grundlage für Kostenverteilung fixiert   

Für eine faire Lastenverteilung zwischen Stadt und Kreis: Oberbürgermeister Ulrich Mädge (l.) und Landrat Jens Böther (r.) unterzeichnen den Finanzvertrag in der Lüneburger Kreisverwaltung. Bei den Verhandlungen wurden sie von Lüneburgs Stadtkämmerin Gabriele Lukoschek und Björn Mennrich, Leiter des Finanzmanagements beim Landkreis, begleitet. Foto: Landkreis Lüneburg / A. TammeLüneburg, 22.12.2020 - Wer zahlt wofür? Das ist häufig nicht nur Anlass für einen Dauerstreit bei sich findenden oder auflösenden Lebenspartnerschaften, das ist immer wieder auch Thema zwischen Stadt und Landkreis Lüneburg. Denn als Oberzentrum übernimmt Lüneburg Aufgaben, die auch den Bewohnern im Landkreis zugute kommen. In einem neuen Finanzvertrag haben die Spitzen von Stadt und Kreis ihre Zusammenarbeit nun bis zum Jahr 2029 besiegelt.

Für Landrat Jens Böther, Oberbürgermeister Ulrich Mädge und ihre Finanzverantwortlichen, Gabriele Lukoschek für die Stadt und Björn Mennrich für den Landkreis, ist dies der vorläufige Abschluss intensiver Verhandlungen, die im Frühjahr vergangenen Jahres begonnen haben.

Neben den finanziellen Beziehungen für einzelne Aufgabenbereiche, aber z.B. auch für die gemeinsam genutzte Musikschule, regelt das Vertragswerk „die Unterstützung bei der Wahrnehmung oberzentraler Funktionen“. Gemeint ist damit die Infrastruktur in der Hansestadt, die ebenso von Bewohnern des übrigen Landkreisgebietes genutzt wird und die Pluspunkte für die gesamte Region darstellt. So ist in der Protokollnotiz des Vertrages festgehalten, dass sich Landkreis und Stadt in den nächsten Jahren mit je bis zu 20 Millionen Euro an Investitionen in die Krankenhäuser beteiligen, ebenso sind die Mobilitätszentrale und der weitere Ausbau des Bahnhofs als gemeinsam zu schulternde Themen aufgenommen.

Für Landrat Jens Böther steht der Finanzvertrag "für eine faire Lastenverteilung zwischen Stadt und Landkreis bei unseren großen Aufgaben wie Bildung, Sozialhilfe und Jugendhilfe." Gleichzeitig greife die Vereinbarung Zukunftsthemen auf, die wichtig für die Entwicklung der Region seien. "Wir wollen Impulse setzen für die Mobilität mit ÖPNV und Radverkehr, aber auch für die Gesundheitsversorgung in der Stadt und auf dem Land. Gemeinsam können Landkreis und Hansestadt hier viel bewegen."

Für Oberbürgermeister Ulrich Mädge, der bei den Kommunalwahlen im Herbst kommenden Jahres sein Amt altersbedingt aufgeben muss, ist es der vierte und letzte Finanzvertrag, den er verhandelt hat. "Auch mit Blick darauf bin ich dankbar, dass wir erstmals eine finanzielle Zusammenarbeit für unser Krankenhaus vereinbart haben. Wann, wenn nicht jetzt in Zeiten dieser Pandemie, ist deutlich wie nie, welches Pfund eigene kommunale Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen darstellen", sagt Mädge. Aber auch das gemeinsame Bemühen um die Bewältigung der Mobilitätsaufgaben in der Region, Stichwort Bahnhofsausbau, ÖPNV und Radverkehr, sei Bestandteil dieses Vertrags. "Das finde ich gut und wichtig."

Gabriele Lukoschek, Chefin des städtischen Finanzressorts, ist froh, für die Laufzeit des Vertrages mit bestimmten Einnahme- und Ausgabenposten rechnen zu können. "Der Vertrag bringt uns Verlässlichkeit, zum Beispiel bei der festen Beteiligung an den Betriebskosten der Arena, aber auch bei unseren gemeinsamen Anlaufstellen, etwa dem Familienbüro und der Ausländerbehörde."

Björn Mennrich zieht als Leiter des Finanzmanagements beim Landkreis folgendes Fazit: "Durch den Abschluss des neuen Vertrages haben wir nun für ein Jahrzehnt wieder Planungssicherheit für unsere Haushalte."

◼︎ Streit um Kreisumlage dürfte weiterschwelen 

Ob ein Ende des alljährlich wiederkehrenden Streits um die Kreisumlage damit aber ebenfalls vom Tisch ist, ist zumindest fraglich. Zwar hatte der Landkreis den Wert zuletzt auf 47,5 Prozent gesenkt, doch die Stadt reklamiert Jahr für Jahr weitere Senkungen, um aus dem Schuldenloch ihres defizitären Haushalts kommen zu können. Und der ist wegen der Corona-Pandemie nochmals kräftig ins Rutschen geraten.

Die Kreisumlage dient zur Deckung des Finanzbedarfs der Landkreise, die sie von den kreisangehörigen Gemeinden erheben. Ihre Grundlage ist die Steuerkraft der Gemeinden sowie deren Schlüsselzuweisungen. Von dieser Umlagegrundlage wird ein bestimmter Prozentsatz als Kreisumlagesatz definiert.  

◼︎ Eingemeindung machte Finanzvertrag erforderlich 

Die Finanzverträge zwischen Hansestadt und Landkreis Lüneburg – auch jeweils "Lüneburg-Vertrag" genannt – haben ihren Ursprung in der Eingemeindung der ehemals kreisfreien Stadt Lüneburg in den Landkreis Lüneburg im Jahr 1974. Im Februar 1974 wurde der erste Finanzvertrag geschlossen. Wegen der sogenannten Einkreisung der Stadt mussten sich beide Seiten über die weitere Wahrnehmung der Aufgaben für die Menschen in ihrem Gebiet sowie deren Finanzierung verständigen. Denn beide selbstständigen Verwaltungseinheiten boten etwa Dienstleistungen und Ansprechpartner auf dem Gebiet Jugendhilfe oder auch Sozialhilfe an, hatten eigene Schulen. Der Vertrag sah vor, dass die Stadt diese Aufgaben, für die nach der "Einkreisung" rein formal der Landkreis die Zuständigkeit gehabt hätte, für die Bewohner der Stadt Lüneburg weiter erfüllen soll. Zuletzt galt der Finanzvertrag für die Jahre 2010 bis 2019.