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Kein Vorrecht für "Landeskinder"

OVG kippt Regelung des Landes Niedersachsen wegen Ungleichbehandlung

Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Foto: LGheuteLüneburg, 18.05.2021 - Urlauber mit Ziel Niedersachsen dürfen sich freuen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg setzte heute die sogenannte "Landeskinderregelung" außer Vollzug, mit der die Landesregierung in Hannover die Beherbergung von Personen ohne Wohnsitz in Niedersachsen zu touristischen Zwecken untersagt hatte. Dies sei keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme und stelle eine Ungleichbehandlung dar.

Mit seinem Eilbeschluss folgte das Gericht der Argumentation des Antragstellers, der in Nordrhein-Westfalen wohnt und ab dem 22. Mai einen Urlaubs-Aufenthalt in einer Ferienwohnung auf Borkum gebucht hat. Er sah in der Regelung eine Ungleichbehandlung.

Dem schloss sich heute auch das Gericht an. Das bloße Verbot der Beherbergung von auswärtigen Besuchern trage nur wenig zur Eindämmung des Infektionsgeschehens bei, da Tagestouristen trotzdem nach Niedersachsen kommen könnten, ohne einer Testpflicht zu unterliegen, teilte das Gericht mit. Zudem seien von dem Verbot Beherbergungen durch Private, Beherbergungen zu anderen als touristischen Zwecken sowie die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlichen Immobilien und von dauerhaft abgestellten Wohnwagen, Wohnmobilen und ähnlichen Einrichtungen durch die Nutzungsberechtigten ausgenommen.

Für das Gericht sei es zweifelhaft, ob die "Landeskinderregelung" angesichts des beschränkten Nutzens erforderlich sei. Es gebe keine verlässlichen Daten, welche Zahl von infizierten Personen auf Reisen innerhalb des Bundesgebiets zurückzuführen seien. Durch die ohnehin bereits in der Verordnung vorgesehene Begrenzung auf 60 Prozent der Kapazität bei Hotels, Campingplätzen und ähnlichen Einrichtungen sowie die Wiederbelegungssperre von einem Tag für Ferienwohnungen und -häuser sei gewährleistet, dass es in den Unterkünften und an den Urlaubsorten nicht zu einem Aufkommen an Urlaubern komme, welches die Wahrung der Mindestabstände unmöglich mache.

Hinzu komme, dass die beherbergten Personen bei Beginn der Nutzung einen negativen Corona-Test sowie darüber hinaus mindestens zwei Tests pro Woche durchzuführen und dies dem Vermieter oder Betreiber nachzuweisen hätten. Dies stelle ein "milderes, aber nahezu gleich effektives Mittel dar", so das Gericht. Jedenfalls sei das Verbot unangemessen, da eine Abwägung insbesondere der Interessen der Betreiber von Beherbergungsbetrieben mit den zu erwartenden geringen Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen ergebe, dass die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen stünden. Dies gelte erst recht, nachdem das Beherbergungsverbot auch für Geimpfte und Genesene greife.

Darüber hinaus liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Personen mit einem Haupt- oder Nebenwohnsitz in Niedersachsen und solchen aus anderen Bundesländern vor. Wesentliche Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten, bestünden nicht, zumal die Niedersächsische Corona-Verordnung Übernachtungen von Personen aus niedersächsischen Gebieten mit hoher Inzidenz und weite Anreisen innerhalb Niedersachsens ermögliche, die mit Blick auf das Infektionsrisiko gefährlicher sein können als verbotene Übernachtungen von Personen zum Beispiel aus Hamburg (7-Tages-Inzidenz: 42) oder Schleswig-Holstein (7-Tages-Inzidenz: 33).

Die Außervollzugsetzung ist allgemeinverbindlich, das heißt:  Die betroffene Regelung ist in Niedersachsen gegenwärtig nicht zu beachten. Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

 

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