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Musik als Konsumtreiber – oder Nervtöter?

Leuphana-Wissenschaftlerin über die Wirkung von Klängen auf das Kaufverhalten

Auf dem Lüneburger Wochenmarkt ist künstliche Dauerbeschallung zum Glück noch nicht erforderlich. Foto: LGheuteLüneburg, 27.11.2022 - Viele kennen es: Man will oder muss einkaufen, doch dort, wo das Begehrte lockt, plärren die Lautsprecher. Aus ihnen quält sich ein nicht enden wollender Beschallungswurm, bei dem man sich unweigerlich fragt: singt sie schon oder übt sie noch? Seit Marketing-Forscher die Wirkung von Musik auf das Kaufverhalten herausgefunden haben, ist man sich vor künstlichen Geräuschkulissen kaum noch sicher. Eine Leuphana-Wissenschaftlerin will nun Neues herausgefunden haben.

Die Vermittlung von Stimmungen und Gefühlen durch Musik ist ein Effekt, den sich der Handel schon lange zunutze macht. Überall dudelt es in den Verkaufsräumen, häufig sogar im Fahrstuhl oder auf der Kunden-Toilette. Dass aber die Wirkung von Musik auf die Herz-Kreislauf-Aktivität und die Bewegungs-Geschwindigkeit nicht nur beim Joggen, sondern auch beim Einkaufen auf, wenn Hintergrundmusik auf die Konsumierenden wirkt, hat jetzt Monika Imschloß herausgefunden.

◼︎ Spezielle Klänge für mehr Vertrauen

In ihrer Studie stellte die Professorin für Betriebswirtschaftslehre an der Leuphana Universität Lüneburg fest, dass sich Kunden im Lebensmitteleinzelhandel länger in einer Weinabteilung aufhalten, wenn dort langsame Musik gespielt wird. Und: Kunden haben ihrer Studie zufolge mehr Vertrauen in die Beratung durch das Personal, wenn dort sogenannte high-trust Musik gespielt wird. Das sind von spezialisierten Musikanbietern komponierte Klangwelten, entstanden aus Befragungen dazu, wie Vertrauen klingen könnte.

Und noch etwas fand Imschloß heraus: Will man die Aufmerksamkeit der Kundschaft auf bestimmte, etwa länderspezifische Produkte lenken, sollte für dieses Land typische Musik erklingen. Spielt also im Supermarkt italienische oder französische Musik, richten Kunden ihren Blick häufiger zuerst auf Produkte aus diesen Ländern.

◼︎ Es geht auch anders

Spannend dürfte aber auch sein, ob das Dauer-Geplärre nicht auch gegenteilige Reaktionen wie etwa spontane Fluchtreaktionen auslöst. Denn nicht jedem Konsumenten gefällt der Musik-Geschmack der Marketing-Abteilungen.

Dass es auch anders geht, zeigen allwöchentlich die Lüneburger Marktbeschicker. Vor dem Lüneburger Rathaus stehen seit eh und je robuste Obst- und Gemüsestande, künstliche Lautsprecher sind hier nirgends zu sehen. Warum nun aber gerade diese Form nach wie vor so geschätzt wird, davon ist von Frau Imschloß (noch) nichts zu hören.

Übrigens: Ihre Erkenntnisse über das "sensorische Marketing" stellte die Leuphana-Wissenschaftlerin kürzlich im Rahmen eines "Science Slam" beim Deutschen Marketing Tag in Frankfurt/M. vor und sicherte sich damit den ersten Platz. Ob sie es singend oder mit Unterstützung anderer Geräuschquellen vortrug, ist nicht bekannt.