Jungheinrich schließt Werk in Lüneburg – Stadtverwaltung sieht Ursache nicht bei sich – FDP fordert Runden Tisch
Lüneburg, 25.07.2025 – "Zuerst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu." Fußballfans erinnern sich, es war Jürgen Wegmann, zuletzt Stürmer bei Mainz 05, von dem diese schicksalsträchtige Einsicht stammt. Es könnte auch das Motto von Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) werden. Denn nachdem sie zuletzt ein Defizit von 6 Millionen Euro bei den Gewerbesteuer-Einnahmen bekanntgeben musste, kommt nun ein weiterer Schlag hinzu. Die Lüneburger Niederlassung des Gabelstapler-Herstellers Jungheinrich wird geschlossen.
Bis Ende 2027 soll das Werk im Lüneburger Hafen geschlossen werden, die Maßnahme sei Teil eines größeren Sanierungskonzepts, von dem auch andere Standorte betroffen sind, kündigte das Unternehmen kürzlich an. Allein am Standort Lüneburg sind davon aktuell rund 380 Mitarbeiter betroffen. Wie die Schließung vonstatten gehen soll, dazu wurde bislang nichts mitgeteilt.
Für die Chefin im Lüneburger Rathaus kommt die Nachricht zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Denn die Stadtverwaltung steht in der Kritik, seit bekannt wurde, dass es einen massiven Einbruch bei den Gewerbesteuer-Einnahmen geben wird. Stadtkämmerer Matthias Rink (CDU) rechnet derzeit allein in diesem Bereich mit Mindereinnahmen in Höhe von rund 6 Millionen Euro. Er und seine Chefin mussten deshalb eine Sondersitzung des Finanzausschusses ansetzen, die aber zu keinen Ergebnissen oder Beschlüssen führte.
◼︎ Stadt will "nach Möglichkeiten" unterstützen
"Die Hansestadt Lüneburg bedauert die Entscheidung der Firma Jungheinrich, die den Wirtschaftsstandort Lüneburg und besonders die Mitarbeitenden hart trifft. Ihnen und ihren Familien gilt die Solidarität der Stadtverwaltung", ließ Kalisch nach der Jungheinrich-Ankündigung pflichtgemäß mitteilen. Einen Zusammenhang mit dem Wirtschaftsstandort Lüneburg sieht die Oberbürgermeisterin allerdings nicht: "Derartige Unternehmensentscheidungen werden auf globaler Ebene getroffen und sind von den Kommunen leider nicht beeinflussbar." Die Verwaltung und ihre ihre Wirtschaftsförderung stünden aber in Kontakt mit Jungheinrich in Lüneburg, es gelte, den Beschäftigten "möglichst zeitnah berufliche Perspektiven aufzuzeigen", sagt Kämmerer Rink. Stadt Wirtschaftsförderung würden im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen.
◼︎ FDP fordert Runden Tisch
Die Lüneburger FDP sieht das anders und fordert die sofortige Einberufung eines Runden Tisches mit Vertretern des Unternehmens, der Stadtverwaltung, des Landkreises, der IG Metall, des Betriebsrats, der Industrie- und Handelskammer sowie der Agentur für Arbeit. Es müsse "gemeinsam an einer Lösung gearbeitet werden". Im Fokus soll dabei nicht nur der Erhalt des Standorts stehen, sondern auch mögliche Transformations- oder Entwicklungsperspektiven für Jungheinrich – etwa als Spezialisierungs- oder Innovationsstandort innerhalb des Konzerns.
Bei Jungheinrich dürfte dies auf offene Ohren treffen, allerdings nur, wenn damit gleichzeitig auch ein finanzieller Rahmen geschaffen wird, der einen Verbleib in Lüneburg ermöglicht. Denn der Konzern will Kosten reduzieren und deshalb die Produktion teilweise auch nach Rumänien verlagern. Fraglich, wie die Stadt da mithalten will, die angesichts ihrer desolaten Haushaltslage ohnehin schon handlungsunfähig ist.
◼︎ Auch der Landkreis ist gefordert
Die FDP richtet den Blick deshalb auch über Lüneburg hinaus: "Die Schließung wäre ein industriepolitisches Desaster – nicht nur für Lüneburg, sondern für die gesamte Region Nordostniedersachsen. Es geht hier um mehr als einen einzelnen Standort: Es geht um das Signal, ob Produktion in unserer Region noch eine Zukunft hat", sagt Finn van den Berg, Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion. Er fordert deshalb eine gemeinsame Kraftanstrengung von Stadt und Kreis.
Die Stoßrichtung gibt die FDP auch gleich vor. In einem vier Punkte umfassenden Maßnahmenpaket fordert sie: 1. Kommunale Inititiative für den Standorterhalt, 2. Begleitung der Beschäftigten mit sozialem Augenmaß, 3. Langfristige Industriepolitik für die Region und 4. Klares Bekenntnis zu Lüneburg als Industriestandort.
Wer in diesem Paket sozialdemokratische Ansätze sieht, liegt vermutlich nicht ganz falsch. Immerhin: Die FDP hat zumindest einen Plan. Von der SPD und den anderen Lüneburger Parteien war bis dato zu dem Thema nichts zu hören.
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