31.10.2025 - Nun sind es schon mal zwei, die nächstes Jahr am 13. September antreten, um Oberbürgermeister von Lüneburg zu werden: Amtsinhaberin Claudia Kalisch (Grüne) und Herausforderer Frank Soldan (FDP). Letzterer hat mit seiner Ankündigung unverhofft das Wahlkampf-Feuer entfacht, das schon seit längerem auf Entzündung wartet, seit Kalisch bekanntgab, erneut antreten zu wollen. Seitdem wird gerätselt, wer ihr Paroli bieten wird. Mit Frank Soldan haben wohl die Wenigsten gerechnet. Ein geschickter Schachzug könnte die Kandidatur des Liberalen dennoch sein.
Die Wahlarithmetik bei Oberbürgermeister-Wahlen ist relativ schlicht, letztlich aber auch vertrackt. Denn wer nicht auf Anhieb 50 Prozent der abgegebenen Stimmen erhält, ist auch nicht gewählt. Die Konsequenz: Nur die beiden Bestplatzierten dürfen beim zweiten Durchgang erneut antreten. Wer hierbei die meisten Stimmen bekommt, hat die Wahl gewonnen.
So wird es auch in Lüneburg kommen. Unwahrscheinlich aber ist, dass nur Kalisch und Soldan ums Amt kämpfen. Denn neben einigen Exoten, die immer mit von der Partie sind, werden es sich die Hauptakteure im Rat der Stadt – SPD und CDU – nicht nehmen lassen, ihrerseits mit Kandidaten aufzuwarten – alles andere wäre ein politischer Offenbarungseid, weil deutlich würde, dass die Partei kein geeignetes Personal für die Führung einer Stadt zu bieten hat.
Dass weder SPD noch CDU bislang einen eigenen OB-Kandidaten präsentiert haben, ist aus deren Sicht nachvollziehbar. Warum auch sollten sie ein knappes Jahr vor der Wahl ihre Kandidaten heißlaufen lassen mit der Gefahr, dass diese frühzeitig verglimmen ähnlich einer Silvester-Wunderkerze fünf Minuten vor Mitternacht? Denn anders als Kalisch, die als amtierende Oberbürgermeisterin jeden noch so banalen Amtstermin für ihren Wahlkampf nutzen kann und wird, müssen die übrigen angetretenen Kandidaten schon einiges leisten, um wahrgenommen zu werden. Ein möglichst kurzer zeitlicher Vorlauf vor der Wahl brächte da nicht nur die nötige Aufmerksamkeit zum bestmöglichen Zeitpunkt, er würde auch Kraft und Ressourcen bei den Kandidaten und ihrer Partei sparen.
Die FDP hat es sich trotzdem anders überlegt. Mit Frank Soldan kommt sie ein knappes Jahr vor der Wahl aus der Deckung, und dafür spricht aus Sicht der Partei einiges. Denn von nun an ist die FDP, die seit dem Ende der Ampel-Koalition in Berlin und ihrem Rauswurf aus dem Bundestag auf keine nennenswerte mediale Aufmerksamkeit mehr setzen kann, wieder in aller Munde – zumindest in Lüneburg. Von nun an wird die FDP stets mitgenannt, wenn es um das höchste politische Regierungsamt in Lüneburg geht. Mehr FDP-Wahrnehmnung ist derzeit kaum erreichbar.
Was aber nicht bedeuten muss, dass die FDP auch glaubt, mit Frank Soldan den Oberbürgermeister stellen zu können. Dafür ist die Partei nicht breit genug verankert in der Stadt. Schließlich entscheiden nicht nur Sympathiewerte des Kandidaten über Wohl und Wehe eines Wahlgangs, sondern auch die Frage, wie groß das jeweilige Wählerpotential für den Kandidaten ist – was bei der FDP bekanntlich eher überschaubar ist.
Hier kommen SPD und CDU ins Spiel. Beide Parteien verfügen über einen immer noch so großen Wählerstamm, der ihnen zumindest die Aussicht eröffnet, mit ihrem Kandidaten bei einer OB-Wahl eine reelle Chance zu haben. Allerdings zeigte die letzte Wahl 2021, dass sowohl die SPD als auch die CDU mit ihren Einschätzungen daneben lagen: Ihre Kandidatinnen schafften es nicht einmal in die Stichwahl.
Die Aufstellung von Frank Soldan als OB-Kandidat für das Oberbürgermeisteramt wirkt daher durchaus als ein gelungener Coup. Denn von nun an ist die FDP mit im Spiel, die zwar kaum eine realistische Chance auf das OB-Amt hat, zugleich aber das Zünglein an der Waage werden kann, wenn es darum geht, für den einen oder anderen Kandidaten jenseits der Grünen genügend Stimmen zusammenzubekommen. Der eine oder andere Parteifunktionär von SPD und Grünen dürfte sich da wohl schon bald bei den Liberalen melden.
Die Lüneburger hätten natürlich auch etwas davon: Zum einen die Auswahl zwischen mehreren Kandidaten, zum anderen die Aussicht, dass im Rat der Stadt nicht mehr Harmonie, sondern klare Parteipolitik im Vordergrund steht. Davon war in den letzten Jahren jedenfalls deutlich zu wenig zu sehen.
Ein Kommentar von Ulf Stüwe
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