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Vertane Zeit

01.09.2017 - Wer ein Praktikum macht, sammelt in der Regel Erfahrungen, die sonst nicht so schnell zu haben sind. Das ist grundsätzlich lobenswert. Deshalb sind Praktika vor dem Berufseinstieg heute quasi ja Pflichtprogramm. Doch das Absolvieren selbiger ist nur ein erster Schritt. Entscheidend sind die Schlüsse, die aus dem Gelernten gezogen werden. Zwar hat Jung-Unionist Alexander Schwake nach seinem Kurz-Praktikum bei der Polizei ebenfalls Schlüsse gezogen – leider aber die falschen. Das Praktikum hätte er sich ohnehin sparen können. Denn nicht die Polizei ist das Problem, es sind die Richter.

Mehr Polizisten sind das Fazit, das der CDU-Landtagskandidat Schwake nach einer Nacht im Streifenwagen der Lüneburger Polizei gezogen hat. Was er in der Nacht gemacht hat, wissen wir nicht. Nur: Entweder hat er den Beamten, mit denen er sich die Nacht um die Ohren schlug, nicht zugehört oder die falschen Fragen gestellt. Denn seit langem ist bekannt, dass selbst ranghohe Polizeibeamte über die frustrierende Arbeit ihrer Kollegen klagen, die zwar unermüdlich Verbrecher jagen, diese nach erfolgreicher Arbeit aber von den Richtern mit lächerlichen Bewährungsstrafen häufig gleich wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Bagatellverfahren werden ohnehin meist nicht mehr vor Gericht verhandelt, das lohnt offenbar nicht. 

Das Ergebnis: Die für ihre Taten nicht bestraften Bösewichte können weitermachen wie bisher, wohl wissend, dass ihnen kaum Ungemach oder gar Knast droht. Und so kommt es denn nicht selten vor, dass die Polizei sie schon bald erneut nach einer weiteren Straftat vor die Richter führt.

Was das heißt? Es heißt, dass bei den Richtern ein Umdenken einsetzen muss. Einen ersten Schritt dahin hat kürzlich der Hamburger Amtsrichter vollzogen, der einen G20-Straftäter zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verdonnert hat, weil er einen Polizisten mit einem Stein beworfen und dabei verletzt hat. Ob das Urteil rechtskräftig wird, darf indes bezweifelt werden. Denn wenn es zur Berufung kommt, wird ein übergeordneter Richter aller Erfahrung nach wohl erneut zum Wohle des Angeklagten entscheiden. Was dies langfristig nicht nur bei den Polizisten, sondern in der Bevölkerung insgesamt auslöst, möchte man sich lieber nicht ausmalen. Das Zeichen, dass der Hamburger Amtsrichter mit seinem Urteil gesetzt hat, stimmt jedenfalls hoffnungsfroh.

An Alexander Schwake scheint dieses Problem unbemerkt vorbeigegangen zu sein. Oder er hatte einfach nicht den Mumm, mehr mutige Richter zu fordern. Beides ist für einen Nachwuchs-Politiker wenig schmeichelhaft. 

Ein Kommentar von Ulf Stüwe
zum Beitrag "3000 Polizisten mehr fürs Land"