Wirtschaftsverband beklagt Standortmarketing und fordert Konsequenzen aus Jungheinrich-Schließung
Lüneburg, 01.08.2025 - Die Aufregung um die angekündigte Schließung des Jungheinrich-Werks in Lüneburg hält an. Dies sei ein "dramatischer Einschnitt für die wirtschaftliche Landschaft der Region", sagt Patrick Pietruck. Der Kreisvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Lüneburg (MIT) sieht in dieser und bereits vorangegangenen Unternehmens-Schließungen eine "besorgniserregende Tendenz", der die regionalen Akteure entschieden entgegentreten müssten. Aber hilft das überhaupt?
Der bevortstehende Verlust von 380 Arbeitsplätzen allein in Lüneburg sei ein schwerer Schlag für viele Familien "und ein Weckruf für die regionale Standortpolitik", mahnt Pietruck mit Blick auf die Ankündigung des Unternehmens, bis 2027 mehrere Werke an seinen verschiedenen Standorten zu schließen (LGheute berichtete).
◼︎ Lüneburg hinkt bei Ansiedlungen hinterher
Zwar ist auch Lüneburg davon betroffen, doch betont das Unternehmen ausdrücklich, dass die Entscheidung nicht auf konkrete Standortnachteile in Lüneburg zurückzuführen seien – ein Punkt, den auch Pietruck nicht gänzlich ausblenden kann, schließlich stehen Unternehmen wie Jungheinrich im harten internationalen Wettbewerb.
Die Folgen daraus sind deshalb nicht zwingend einzelnen Standorten zuzurechnen, auch wenn Lüneburg in Sachen Industrie- und Gewerbeansiedlung in den letzten Jahren völlig abgetaucht ist. Während ihr Amtsvorgänger Ulrich Mädge (SPD) noch um neue Gewerbeflächen kämpfte und sich dazu sogar mit dem Luftsportverein Lüneburg anlegte, glänzt Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) lieber auf Fotos zur Einweihung einer neuen Einbahnstraße für Radfahrer als zur Begrüßung eines neuen Unternehmens.
Pietruck sieht daher konkreten Handlungsbedarf gerade in Lüneburg: Die Standortpolitik vor Ort müsse grundlegend hinterfragt und endlich aktiv gestaltet werden, so der MIT-Vorsitzende. Er fordert daher, was schon die FDP vorgeschlagen hat: eine wirtschaftspolitische Initiative in mehreren Schritten. Darunter die Einberufung eines Runden Tisches Wirtschaft durch Stadt und Landkreis, die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung mit dem Fokus auf aktive Akquise von Industrie- und Technologieunternehmen und die Schaffung sofort nutzbarer Gewerbeflächen im Bilmer Berg II.
◼︎ Nicht nur Tourismuswerbung
Darüber hinaus soll Standortmarketing wieder mehr sein als nur Tourismuswerbung, auch sollen bürokratische Hürden abgebaut werden, etwa durch priorisierte Baugenehmigungen von Gewerbeimmobilien und Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen. "Wir müssen jetzt die richtigen Weichen stellen, damit Lüneburg nicht zum wirtschaftspolitischen Abstellgleis wird", mahnt Pietruck.
Die Lüneburger Verwaltung wird dies vermutlich allein nicht stemmen können. Dazu fehlt nicht nur das nötige Geld, das auch für neue Industrieansiedlungen gebraucht wird, schließlich müssen neue Flächen erstmal gekauft und präpariert werden. Zweifel sind auch angebracht, ob dazu das nötige Know-how und der politische Wille im grünen Rathaus vorhanden sind. Allein der Druck weiterer Werksschließungen dürfte dazu führen, dass sich vielleicht doch mal alle Beteiligten an einen Tisch setzen. Nur auf Geld von anderen zu hoffen, ist noch keine Politik.
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